Elektrisch durch die Stadt der Zukunft Mit neuen Konzepten zurück zu alter Stärke

Hambach · Der Smart hat es schwer, sich auf dem aktuellen Automarkt zu behaupten. Doch Daimler hat große Pläne mit dem kleinen City-Flitzer.

 Die Smart-Türme gibt es seit dem Produktionsstart der Miniautos im Jahr 1998.

Die Smart-Türme gibt es seit dem Produktionsstart der Miniautos im Jahr 1998.

Foto: Daimler AG/Daimler AG, press departement

Tausende rollten an zum großen Fest, selbst aus Spanien oder Norwegen. Ein Paar aus China nahm sogar Tausende von Kilometern auf sich, um in „Smartville“ mitzufeiern. Hier, in Hambach im französischen Lothringen nahe der deutschen Grenze, werden seit 20 Jahren Smarts gebaut. 2,2 Millionen bisher. Die Zahl ist Erfolgsmeldung und Problem zugleich: Die Konzernmutter Daimler verkauft von ihren Mercedes-Modellen so viele in einem einzigen Jahr.

1998 passte der Smart exakt in die Zeit, als die ersten grünen Gedanken auch im Verkehrssektor auftauchten. Nicolas Hayek, Erfinder der Swatch-Uhr und Retter der durch die neuen Quarzuhren darbenden klassischen Schweizer Uhrenindustrie, dachte laut über neue Kleinautos nach. Sie sollten leicht, sparsam und umweltfreundlich sein.

Volkswagen zögerte, Daimler biss an: Smartville entstand. Die ersten „Micro-Cars“ mit ihren putzigen Proportionen ließen die Leute lachen. Clevere stellten sie als Blickfang vor ihr Geschäft. Roadster und Coupé gerieten zum Flop, ebenso der Viersitzer „Forfour“. Das ganz offene Spaßmobil „Crossblade“ besitzt heute Anziehungskraft als skurriler Oldtimer. Der angedachte Offroad-Smart wurde nie gebaut, 2005 die Einstellung des gesamten Projekts erwogen. Nur das im Jahr 2000 gestartete Cabrio stieß auf Sympathie.

Die Lage besserte sich 2008 mit dem Zweisitzer „Fortwo“ in zweiter Generation – mit neuem Motor (von Mitsubishi), etwas mehr Federung, schöneren Materialien innen. Mit mehr Platz, mehr Sicherheit durch eine 20 Zentimeter längere Karosserie (2,70 Meter), die, quer geparkt, jetzt freilich von Knöllchen bedroht ist. Die Preise blieben stolz, der Verbrauch bedeutete keine wirkliche Entlastung für Geldbeutel und Umwelt.

Die Presse blieb skeptisch. „Der Fortwo hoppelt mehr als er fährt“, urteilte das Fachmagazin Auto Motor und Sport. Als rollendes Statement fand er dennoch Eingang in manche Doppelgarage neben einem Sportwagen oder dem heute obligatorischen SUV. Das galt besonders, als 2012 die Elektroversion „ed“ erschien.

2014 kam die aktuelle dritte Generation, entwickelt in Zusammenarbeit mit Renault. Der Daimler-Partner zeigt, wie man kleine Autos baut: mit einer Federung, die ihren Namen verdient, mit einem richtigen Getriebe samt Doppelkupplungs-Automatik, mit ansehnlichen Materialien innen. Auch den „Forfour“ gibt es wieder, unter dem Blech baugleich mit dem Renault Twingo und mit diesem gemeinsam in Tschechien gebaut.

Generation drei wurde kaum teurer und hat es dennoch schwer. Es fehlt der Reiz des Besonderen, der die ersten Modelle auszeichnete. Ein Smart ist technisch wie formal kein Vorbild mehr. „Keine Emotionen“, beklagt dann auch die Gemeinde in ihren Internetforen. Die Vorteile beim Rangieren und beim Parken sind zu wenig für dauerhaften Erfolg. Zumal neue Wettbewerber alles besser können. Ein Volkswagen Up etwa kostet nicht mehr, verbraucht nicht mehr, ist in Komfort, Fahrleistungen, Materialien und Verarbeitung aber ein richtiges Auto.

Auf dem Pariser Salon im Oktober präsentierte Smart zu seinem 20. Geburtstag die Studie Forease mit Elektroantrieb. Der Wagen hat kein Dach und eine kurze Windschutzscheibe, sodass die Insassen stets vom Fahrtwind umweht werden.

Die Einstellung droht dem Smart nicht. Daimler braucht die Kleinstwagen dringend, um die üppigen Verbrauchs- und CO2-Werte der großen Mercedes-Modelle wenigstens etwas auszugleichen. Die kommenden Grenzwerte bereiten den Ingenieuren schlaflose Nächte je mehr, je größer und schwerer die eigenen Autos sind.

 Mit der ersten Generation haben die aktuellen Elektro-Smarts (hier das neue Cabrio EQ) außen wie innen nur noch wenig gemein.

Mit der ersten Generation haben die aktuellen Elektro-Smarts (hier das neue Cabrio EQ) außen wie innen nur noch wenig gemein.

Foto: Daimler AG/Daimler AG - Global Communicatio
 „Forease“ heißt dieses Konzeptauto, das Daimler in Paris präsentierte.

„Forease“ heißt dieses Konzeptauto, das Daimler in Paris präsentierte.

Foto: Daimler AG/Daimler AG - Global Communicatio

Besonders vorteilhaft wirken sich im künftigen Regelwerk Elektromodelle aus. Hier könnte Smart tatsächlich Vorbild werden. Ab 2020 soll es nur noch Batterieantrieb geben. Er wird heute schon offeriert: Mit 21 940 Euro ist der Fortwo EQ allerdings fast doppelt so teuer wie das stärkere und schnellere Benzin-Modell. Der Viersitzer kostet 22 600, das Cabrio EQ sogar 25 200 Euro – mehr als ein Mazda MX5 mit ungleich größerem Fahrvergnügen. Wenigstens ist die frühere Batteriemiete entfallen. Mit 65 Euro pro Monat war sie teurer als der Strom für das Auto und oft auch teurer als das Benzin für die meist geringen Kilometerleistungen. Die Käufer freilich schrecken die Preise nicht ab. Sie warten geduldig bis zu einem Jahr auf ihren neuen Smart.

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