Höhere Trinkgelder im Elektro-Taxi

Oslo · Obwohl Norwegen über reiche Erdöl- und Erdgasvorräte verfügt, treibt das Land die Elektromobilität derzeit voran wie kein anderer europäischer Staat. Viele Autofahrer steigen auf Elektroautos um. Ist das nur eine Frage der Subventionen?

Arne Billkvam ist ein bisschen stolz. Der Taxifahrer bewegt eines von 15 leise surrenden Taxis durch Norwegens Hauptstadt. "Ich muss zugeben, dass ich anfangs skeptisch war." Seine Entscheidung glich einem Sprung ins kalte Wasser. Erst vor drei Monaten setzte er sich hinters Steuer eines rein elektrischen Nissan Leaf, in den er allein investiert hat. Vorher chauffierte er seine Kunden im Kia Sportage durchs Verkehrsgetümmel und tankte den in der Branche üblichen Dieselkraftstoff.

"Natürlich war ich in Sorge, unfreiwillige Ladepausen machen zu müssen oder plötzlich ohne Strom stehen zu bleiben." Mittlerweile lacht er befreit, denn nichts Derartiges ist während der vergangenen 10 000 Kilometer Fahrt geschehen. "Es reicht aus, wenn ich die Fahrzeugbatterie zuhause über Nacht an der normalen Steckdose auflade und dann tagsüber noch einmal zu 80 Prozent an der Schnelllade-Station", erläutert Billkvam. "Während der Fahrten gewinne ich kaum Bremsenergie zum Laden der Batterie zurück, denn wenn es auf den Straßen läuft, dann bleibe ich flott im Fluss."

So ganz aus eigenem Antrieb kam er nicht auf den Stromer. Einige Krankenhäuser und verschiedene soziale Einrichtungen achten darauf, dass ihre Patienten und Kunden umweltschonend befördert werden. Daher hat Billkvam jetzt aber auch einen exklusiven Vertrag in der Tasche. Abgesehen von günstigen Anschaffungskosten - in Norwegen fallen bei E-Autos die Mehrwertsteuer von 25 Prozent und eine weitere gestaffelte Kaufsteuer flach - spart Taxi-Chauffeur Arne Billkvam im Vergleich zu seinem vorherigen Diesel umgerechnet knapp 800 Euro Kosten monatlich. Dieser Betrag fließt zum Teil in die Urlaubskasse. So kann er mehrmals im Jahr in seine Blockhütte am Fjord mit Stromanschluss fahren - natürlich leise und abgasfrei.

In Norwegen werden nahezu 99 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien erzeugt. Doch das Bemühen um die Entlastung des Klimas hat eine Kehrseite. Die finanziellen Einbußen der öffentlichen Hand wiegen selbst in diesem reichen Land, das bekanntermaßen keine eigene Autoindustrie hat, schwer. Bislang hat die stark subventionierte Elektromobilität den Staat eine dreistellige Millionensumme gekostet, Geld, das anderweitig fehlt. Ola Elvestuen, Vize-Chef der sozialliberalen Partei Venstre in Norwegen, bringt es vorsichtig auf den Punkt: "Wir müssen eines nicht allzu fernen Tages die finanzielle Unterstützung zurückschrauben, ohne damit den kompletten Wechsel ins Elektrozeitalter zu stoppen."

In seiner Amtszeit als Vize-Bürgermeister von Oslo wurde das Elektro-Projekt angestoßen. Noch gibt es Privilegien für Fahrer von Elektroautos auf Oslos häufig verstopften Straßen: kostenfreies Parken und mautfreie Nutzung auf Zufahrtswegen. Auch die Fähren um Norwegen sind gratis. Die Busspuren können mittlerweile von Stromern nur noch dann befahren werden, wenn zwei Personen im Auto sitzen. Kein Wunder, denn in Oslo wimmelt es nur so von E-Autos.

Zwar bewegen die finanziellen Anreize und die Vorteile im Straßenverkehr sicherlich viele Autokäufer, sich für ein Elektrofahrzeug zu entscheiden. Ola Elvestuen ist aber auch überzeugt, "dass die Bereitschaft, sich auf Elektromobilität einzulassen, hauptsächlich auf der Einsicht fußt, etwas gegen den Klimawandel tun zu müssen. Hier in Oslo gibt es noch kostenfreies Parken, in Trondheim nicht. Trotzdem steigt auch dort die Zahl der Elektroautos. Überdies haben wir schon die erste elektrische Fähre und das erste elektrische Fischerboot."

Dieser Meinung schließt sich Christina Bu an, die als Generalsekretärin der norwegischen Vereinigung für Elektromobilität ganz nah dran ist an den 40 000 Mitgliedern. "Hierzulande hat die Zahl der Bedenkenträger massiv abgenommen. In Dänemark finden wir ähnliche finanzielle Anreize, trotzdem ist dort der Funke auf die Bevölkerung nicht in dem Maße übergesprungen wie in Norwegen."

 Parkplätze nur für Elektroautos sind ein überzeugendes Argument für viele Käufer, sich für ein abgasfreies Auto zu entscheiden. Fotos: Gundel Jacobi

Parkplätze nur für Elektroautos sind ein überzeugendes Argument für viele Käufer, sich für ein abgasfreies Auto zu entscheiden. Fotos: Gundel Jacobi

Selbstverständlich drängen auch hier die Kaufinteressenten auf höhere Reichweiten und größere Fahrzeuge mit mehr Transportkapazität. Dies wird auch nötig sein, um den aktuellen Bestand von 110 000 Elektrofahrzeugen aufzustocken. Derzeit hat etwas mehr als ein Prozent aller Pkw auf Norwegens Straßen einen Elektroantrieb. Nissan Leaf, VW E-Golf, Tesla S, Mitsubishi Outlander PHEV und BMW i3 belegen in der Zulassungsstatistik die Plätze eins bis fünf. Bereits 2025 sollen in Norwegen keine Neuwagen mit herkömmlichen Verbrennungsmotoren mehr zugelassen werden. Taxi-Unternehmer Billkvam soll's recht sein. "Meine Kunden genießen die leise und umweltfreundliche Fahrt. Das Trinkgeld fällt großzügig aus."

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