Grenzen der Meinungsfreiheit auf Facebook AfD-Mitglied wurde als „blaunes Gesocks“ tituliert: Ist das erlaubt?

Koblenz · Zoff im Westerwald: Weil ein Unternehmer bei der AfD aktiv ist, wurde er auf Facebook angegangen. Der Mann wehrte sich dagegen und bekam vor Gericht Recht.

 Ein Banner an der Wand bei einer Wahlparty der AfD. Symbolfoto.

Ein Banner an der Wand bei einer Wahlparty der AfD. Symbolfoto.

Foto: dpa/Roland Holschneider

Das Landgericht Koblenz hat entschieden, dass die Bezeichnung eines AfD-Mitgliedes als "blaunes Gesocks" eine Beleidigung ist. Eine solche Äußerung sei keine zulässige Meinungsäußerung und deshalb zu unterlassen (Az.: 13 S 29/17).

Unternehmer und AfD-Mitglied klagt gegen Facebook-Eintrag

Der Kläger in dem vom Rechtsportal Juris veröffentlichten Urteil ist Mitglied der Partei Alternative für Deutschland (AfD). Er ist selbständiger Unternehmer. Nachdem er an einem nicht-öffentlichen Mitgliedertreffen der AfD teilgenommen hatte, veröffentlichte ein Verein Bilder von der Veranstaltung auf einer Facebook-Seite. Dabei wurde der Kläger optisch hervorgehoben und namentlich genannt.

Die spätere Beklagte teilte den entsprechenden Facebook-Eintrag und kommentierte ihn öffentlich so: "S. (Name des Unternehmens) […] Man möchte ja als Westerwälder informiert sein, wo sich das blaune Gesocks die Zeit vertreibt". Der Unternehmer verlangte daraufhin die Unterlassung der Bezeichnung als "Gesocks". Er ist der Auffassung, er sei in öffentlichkeitswirksamer Weise beschimpft, angeprangert und diffamiert worden. Die Bezeichnung stelle eine strafrechtlich relevante Beleidigung dar.

„Blaunes“ als Wortspiel aus AfD-Blau und Nazi-Braun

Die Beklagte konterte, sie habe die Berichterstattung über ein Treffen eines besonders aggressiv auftretenden Flügels der AfD aufgreifen und das Treffen kommentieren wollen. Bei der Formulierung "blaunes Gesocks" handele es sich um ein Wortspiel zwischen der Farbe blau als Zeichen für die AfD und der Farbe braun als Synonym für extrem rechte Ideologie. Deshalb handele es sich bei dem kritisierten Facebook-Eintrag um eine ironisch gefärbte, zulässige Meinungsäußerung, die auf die Außendarstellung der lokalen AfD-Mitglieder bezogen gewesen sei.

„Gesocks“ als Beleidigung und verbotene Schmähkritik

Das zuständige Amtsgericht folgte dieser Argumentation nicht und gab der Klage in erster Instanz statt. Bei der Bezeichnung als "Gesocks" handele es sich nicht mehr um eine Meinungsäußerung, sondern um eine unzulässige Schmähung, da die Herabsetzung der Person des Gegenübers im Vordergrund stehe. Die Beklagte habe es daher zu unterlassen, den Kläger als "Gesocks" zu bezeichnen. Das wollte die unterlegene Seite nicht akzeptieren. Sie legte Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts ein. Ohne Erfolg. Das Landgericht Koblenz hat die Berufung in zweiter Instanz zurückgewiesen.

Richter loten die Grenzen der Meinungsfreiheit aus

Nach Auffassung des Landgerichts ist der Kläger durch die Bezeichnung als "Gesocks" in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt. Dazu die Richter: In solchen Fällen sei mit Blick auf die konkrete Äußerung eine Abwägung zwischen dem Recht des Betroffenen – hier des Klägers – auf Schutz seiner Persönlichkeit und dem Recht des Äußernden – hier der Beklagten – auf Meinungsfreiheit vorzunehmen.

Die Meinungsfreiheit müsse hierbei dann zurückstehen, wenn es sich bei der Äußerung um eine Beleidigung im Sinne des Strafrechts oder um eine unsachliche Schmähkritik handele. Dies sei dann der Fall, wenn es einer Äußerung an jedem sachlichen Kern fehle und wenn dabei die Herabsetzung einer Person, die jenseits polemischer und überspitzter Kritik an den Pranger gestellt werden soll, im Vordergrund stehe.

Beleidigung und Schmäkritik sind nicht akzeptabel

Der Ausdruck "Gesocks" werde vor diesem Hintergrund als Schimpfwort empfunden. Er gehöre, jedenfalls bei der Verwendung in Bezug auf eine konkrete Person, nicht mehr zu den Äußerungen, die im politischen Tageskampf – vor allem bei Online-Veröffentlichungen – üblich seien. Der Bezeichnung "Gesocks" sei demnach keine lediglich zugespitzte Formulierung, sondern erfülle den Straftatbestand einer Beleidigung im Sinne des Paragrafen 185 des Strafgesetzbuchs. Bei der Verwendung dieses Begriffs stehe die Diffamierung des Klägers und nicht etwa die Auseinandersetzung mit der politischen Arbeit der AfD im Vordergrund. Dass die Äußerung im Zusammenhang mit dem Wortspiel "blaunes Gesocks" stehe, ändere nichts daran, dass der Schmähungsgehalt der Äußerung über das Maß dessen hinausgehe, was im Interesse der Meinungsfreiheit hingenommen werden müsse. So weit das Landgericht. Sein Beschluss ist rechtskräftig.

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