Ferienfreizeit: Müssen Kinder aus Hartz IV-Familie zu Hause bleiben?

Speyer · Osterfreizeit eines Schülerhortes. Das Mitfahren kostet pro Nase 55 Euro. Das Geld fehlt einer Mutter von zwei Kindern. Die Bezieher von Hartz IV bitten beim Amt um Hilfe – die Behörde lehnt ab. Daraufhin landet der Fall vor Gericht.

 Kinder aus Hartz IV-Familien können oft nicht mit in Freizeiten fahren.

Kinder aus Hartz IV-Familien können oft nicht mit in Freizeiten fahren.

Foto: Büttner/dpa

Manchmal sind 55 Euro richtig viel Geld. Und zwar dann, wenn man sie nicht hat und deshalb zusehen muss, wie die eigenen Kinder leiden. So geschehen im Fall einer Mutter aus Landau, die mit ihrer Familie von Hartz IV lebt. Die Frau hatte nicht genug Geld, um die Kosten für die Osterfreizeit ihrer zwei Kinder in Höhe von jeweils 55 Euro zu bezahlen. Die Familie beantragte daraufhin einen Extra-Zuschuss bei der Stadt. Aber der wurde abgelehnt. So geht das nicht, urteilte das Sozialgericht Speyer. Die Kinder hätten Anspruch auf Bezahlung der Ferienfreizeit des Schülerhortes. Die Stadt Landau habe deshalb den zwei Grundschülern, die zusammen mit ihrer Mutter Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II ("Hartz IV") beziehen, zu Unrecht die Kostenübernahme einer Freizeitmaßnahme ihres Schülerhortes versagt (Az.: S 15 AS 857/15).
Die Kinder besuchten beide eine Grundschule mit angeschlossenem Schülerhort. Der Hort veranstaltete in den Osterferien eine viertägige Freizeit mit Übernachtung in einer Waldwerkstatt. Für die Teilnahme beantragen die Schüler, vertreten durch ihre Mutter, jeweils einen Beitrag von 55,00 Euro bei der beklagten Kommune. Diese lehnte die Kostenübernahme ab, weil die Kläger ihr monatliches Budget für die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft in Höhe von 10,00 Euro bereits für die Mitgliedschaft in einem Turnverein verbraucht hätten. Und Geld aus den Fördertöpfen für Bildung gebe es im konkreten Fall nicht. Es handele sich bei der Freizeit nämlich nicht um einen Bedarf für Bildung, da die Fahrt in den Ferien stattfinde und daher die Gefahr einer Ausgrenzung der Schüler nicht bestehe. So die Argumentation der Stadt.
Das Sozialgericht hat dies ganz anders gesehen und die Stadt verurteilt, die Kosten der Freizeit zu übernehmen. Entscheidend sei, dass die Freizeit von einem Schülerhort für dessen reguläre Besucher veranstaltet werde. Damit handele es sich um einen Bedarf für Bildung, so dass die tatsächlichen Kosten, genau wie bei mehrtägigen Klassenfahrten, ohne weitere Prüfung zu übernehmen seien. Die Vorschriften für Schulausflüge seien bei Kindertageseinrichtungen entsprechend anzuwenden. Eine Differenzierung, ob bei der Veranstaltung der Freizeit- oder der Bildungsaspekt im Vordergrund stehe finde nicht statt. Dass die Freizeit in den Schulferien stattfinde sei ebenso unerheblich. Eine mehrtägige Freizeit eines Schülerhortes sei auf Grund der allgemeinen Schulpflicht nur in Ferien möglich, so das Gericht.

Hier geht es zur Diskussion zum Artikel auf Facebook

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort