Gesetz gegen Diskriminierung am Arbeitsplatz ausgenutzt? Gericht: Kein Geld für Schlaumeier und Scheinbewerber

München · Es gibt ein Gesetz, das Menschen vor Diskriminierung am Arbeitsplatz schützen soll. Und es gibt Leute, die dieses Gesetz zum eigenen finanziellen Vorteil ausnutzen wollen.

 So soll es sein: Gleiche Rechte für Mann und Frau. Und keine Diskriminierung auf Grund von Rasse, ethnischer Herkunft, Religion, Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität.

So soll es sein: Gleiche Rechte für Mann und Frau. Und keine Diskriminierung auf Grund von Rasse, ethnischer Herkunft, Religion, Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität.

Foto: dpa

Nur derjenige soll Geld bekommen, der es ehrlich meint. Getreu dieser Devise hat das Amtsgericht München die Klage eines Mannes abgewiesen, der von einer Firma nach Ablehnung seiner Stellenbewerbung mehr als 2000 Euro Schadensersatz wegen geschlechtsbezogener Diskriminierung gefordert hat. Ein solcher Schadensersatz nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) von 2006 sei nämlich nur zu gewähren, wenn es sich um einen echten Bewerber gehandelt hat, so das Gericht. Und dies sei zu verneinen, wenn sich jemand nicht ernsthaft um die Stelle bewerbe, sondern von vornherein nur die Zahlung einer Entschädigung anstrebe (Az.: 173 C 8860/16).

Firma suchte „nette, weibliche Telefonstimme“

Die betroffene Firma ist im Sportmarketing tätig und schaltete in einem Münchner Wochenblatt im März 2016 folgende Stellenanzeige: „Nette weibl. Telefonstimme ges.! Akquise f. Sport Marketingagentur auf Provisionsbasis/Home Office. (…)“ In der Stellenanzeige war lediglich eine Telefonnummer des Unternehmens angegeben. Der spätere Kläger rief dort an und bat um Mitteilung der E-Mail-Adresse, da sich eine Freundin von ihm bewerben möchte. Er bekam die E-Mail-Anschrift. Anschließend bewarb sich der 43-Jährige selbst am 31. März 2016 per E-Mail auf die genannte Anzeige. Mit E-Mail vom 05. April erhielt er von der Firma eine Absage. Dabei wurde ihm mitgeteilt, dass man sich bereits für einen männlichen Mitarbeiter entschieden habe.

Männlicher Bewerber wird eingestellt

Der Kläger wehrt sich zwar nicht gegen diese Besetzung der Stelle mit einem anderen Mann. Er ist aber der Meinung, die Stellenanzeige sei geschlechtsdiskriminierend gewesen. Er verlangt deshalb insgesamt 2140 Euro Schadensersatz und Verdienstausfall. Die Firma weigert sich zu zahlen. Sie ist der Meinung, der Kläger sei für die ausgeschriebene Stelle ungeeignet, da er überqualifiziert sei. Auch sei seine Bewerbung subjektiv nicht ernsthaft gewesen. Es handele sich beim Kläger vielmehr um einen sogenannten „AGG-Hopper“, also um jemanden, der bei vielen Stellenanzeigen versuche, aus dem Antidiskriminierungsgesetz von 2006 Kapital zu schlagen.

Kläger als Bankkaufmann überqualifiziert

Der zuständige Richter gab der Firma Recht und wies die Klage ab. Begründung: Es könne dahinstehen, ob der Kläger vorliegend überhaupt für die angebotene Stelle objektiv geeignet gewesen sei. Das erscheine angesichts der Tatsache, dass der Kläger als gelernter Bankkaufmann offensichtlich überqualifiziert für die Stelle bei der Beklagten sei, bereits äußerst zweifelhaft. Es könne aber dennoch offen bleiben, weil es an der Ernsthaftigkeit der Bewerbung fehle. Bei der Bewerbung handele es sich nämlich ersichtlich um eine Art Rundschreiben, das lediglich ansatzweise einen konkreten Bezug zur angebotenen Stelle enthalte und den Eindruck erwecke, aus unstrukturiert aneinander gereihten Textbausteinen zu bestehen.

Mehrere Klagen wegen angeblicher Diskriminierung

Der Richter weiter: „Nicht unberücksichtigt bleiben kann zudem der Umstand, dass der Kläger bereits zahlreiche weitere AGG-Klagen angestrengt hat.“ Der Kläger sei am Amtsgericht München bereits gerichtsbekannt, hinzu kämen weitere Klagen unter anderem auch vor dem Arbeitsgericht. In diesem Zusammenhang sei möglicherweise versehentlich im Rahmen eines Anlagenkonvoluts ein Schreiben des Klägers bei Gericht gelandet. „Auf Seite 2 dieses Konvoluts antwortete der Kläger offenbar auf die E-Mail eines Herrn Rüdiger N. und führt dabei unter anderem aus, dass er mit seinen „AGG-Klagen insgesamt 1010,-- Euro“ verdient habe und unter anderem davon gut leben könne.“

Fazit: „Insgesamt wertet das Gericht diese Umstände in ihrer Gesamtschau dahingehend, dass der Kläger gewerbsmäßig missbräuchliche AGG-Klagen anstrengt, um damit zumindest teilweise seinen Lebensunterhalt zu erwirtschaften. Obwohl die Beklagte vorliegend gegen die Vorgaben des AGG verstoßen hat, stehen dem Kläger daher keine Ansprüche zu“, so das rechtskräftige Urteil.

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