Kochrezepte für Profis: Tappen Normalbürger in eine Abo-Falle?

Hamm · Gewerbetreibende haben bei Geschäften im Internet weniger Rechte als Verbraucher. Also gibt es Internet-Angebote, die sich nur an gewerbliche Kunden richten. Ist das erlaubt? Und welche Regeln zum Schutz der Verbraucher müssen beachtet werden?

Wenn ein Verbraucher im Internet etwas bestellt, dann kann er die Bestellung binnen zwei Wochen widerrufen. Einem Gewerbetreibenden steht dieses Recht nicht zu. Vor diesem Hintergrund musste das Oberlandesgericht Hamm nun klären, ob ein Anbieter sein für jedermann im Internet sichtbares Angebot ausschließlich an Gewerbetreibende richten kann und wie es in diesem Fall zu gestalten ist.

Ergebnis: Ein Unternehmer kann sein Internetangebot auf Gewerbetreibende beschränken. In diesem Fall muss sein Wille, nur mit Gewerbetreibenden Verträge abzuschließen, aber auf der Internetseite klar und transparent zum Ausdruck gebracht werden. Und zwar so deutlich, dass diese Willenserklärung von einem Interessenten nicht übersehen oder missverstanden werden kann. Außerdem muss hinreichend sichergestellt sein, dass Verträge mit Verbrauchern nicht ohne weiteres zu Stande kommen können (Az.: 12 U 52/16).

Im konkreten Fall ging es um eine Gesellschaft aus Dortmund, die über eine Internetseite einen kostenpflichtigen Zugang zu einer Datenbank mit Kochrezepten anbietet. Die Anmeldung zu der Datenbank setzt das Einverständnis des Vertragspartners zum Abschluss eines Vertrages mit einer Mindestlaufzeit von zwei Jahren und mit monatlichen Kosten in Höhe von 19,90 Euro voraus. In dem Text der Internetseite zum Zeitpunkt des Prozesses wies das Unternehmen darauf hin, dass sein Angebot "Restaurants" und "Profiköchen" gelte. In einem weiteren Textfeld im unteren Bereich ihrer Internetseiten wurde erwähnt, dass sich das Angebot ausschließlich an Gewerbetreibende oder Selbstständige und nicht an Verbraucher richte. Ein entsprechender Passus befand sich auch in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, zu deren Bestätigung ein Kunde beim Abschluss seiner Anmeldung aufgefordert wurde. Einen Hinweis auf das einem Verbraucher bei Onlineverträgen zustehende Widerrufsrecht enthielt die Webseite nicht.

Dagegen wehrte sich eine Verbraucherorganisation. Sie meint, die Internetseite richte sich nach ihrem gesamten Erscheinungsbild auch an Verbraucher. Die Seite sei deswegen unzulässig, weil sie den gesetzlichen Anforderungen des Verbraucherschutzes nicht genüge. Das Landgericht Dortmund und nun auch das Oberlandesgericht Hamm gaben dem Verein Recht und bestätigten einen Anspruch auf Unterlassung gegen die Webseite in der streitgegenständlichen Form.

In den Urteilsgründen stellte der 12. Zivilsenat zunächst einmal fest: Eine Beschränkung des Internetangebots auf Gewerbetreibende sei grundsätzlich möglich. Das folge aus der im Zivilrecht geltenden Privatautonomie. Im konkreten Fall, so die Richter weiter, lassen sich allerdings weder eine ausreichend klare und transparente Beschränkung des Internetangebots auf Gewerbetreibende noch ein ausreichend gesicherter Ausschluss von Verbrauchergeschäften feststellen. Die Anbieterin habe ihren Willen, ausschließlich mit Gewerbetreibenden zu kontaktieren, auf ihrer Internetseite nicht hinreichend klar und transparent zu Ausdruck gebracht.

Im Einzelnen rügten die Richter an der Webseite: Text und Überschrift schlössen den Verbraucher nicht eindeutig als Kunden aus. Der Inhalt des weiteren Textfeldes auf den Seiten sei leicht zu übersehen. Auf der Anmeldeseite stehe zudem der Hinweis darauf, dass sich das Angebot ausschließlich an Gewerbetreibenden richte, nicht im Vordergrund. Im "Blickfang" befänden sich vielmehr die Eingabefelder für die Kontaktdaten. Bei diesen sei das Feld "Firma" kein Pflichtfeld. Eine Anmeldung sei ohne Angabe einer Firma oder einer gleichbedeutenden gewerblichen oder beruflichen Bezeichnung durchführbar.

Die Richter weiter zur Gestaltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) auf der Webseite: Dass sich bei der Markierung zum Akzeptieren der AGB der zusätzliche, nicht hervorgehobene Hinweis befinde, der Kunde bestätige seinen gewerblichen Nutzungsstatus, könne wiederum übersehen werden. Ein Kunde rechne insoweit zwar mit zu akzeptierenden AGB, aber er rechne nicht mit weitergehenden Bestätigungen zu seiner Verbrauchereigenschaft. Diese Gestaltung des Anmeldevorgangs sei nicht geeignet, den Abschluss von Verbrauchergeschäften ausreichend auszuschließen, so die Richter. Auch das per Mausklick erfolgte Akzeptieren der AGB, die Geschäfte mit Verbrauchern ausdrücklich ausschließen, genüge insoweit nicht, weil AGB im elektronischen Rechtsverkehr von Verbrauchern regelmäßig nicht gelesen würden.

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