Mit Luftgewehr auf Schüler (13) geschossen: Führerschein ist weg

Neustadt · Führerscheinentzug als Sanktion nach Straftaten? Immer wieder wird über die Einführung dieser Möglichkeit diskutiert. Dabei gibt es so etwas Ähnliches schon. Wenn sich jemand charakterlich als ungeeignet zum Führen eines Fahrzeuges erweist, droht der Verlust der Fahrerlaubnis - speziell nach aggressivem Verhalten.

Wer durch aggressives Verhalten auffällt, der riskiert den Verlust seines Führerscheins. Das gilt auch dann, wenn sich die Aggressionen außerhalb des Straßenverkehrs äußern. Das hat das Verwaltungsgericht Neustadt im Fall eines Mannes klargestellt, der mit einem Luftgewehr auf einen Schüler geschossen und ihn verletzt hatte. Der Landkreis Germersheim hat dem Schützen demnach zu Recht die Fahrerlaubnis nach Einholung eines medizinisch-psychologisches Gutachtens entzogen. Der Gutachter hatte einen engen Zusammenhang zwischen Aggressivität, allgemein strafbarem Verhalten und dem Risiko rechtswidrigen Verhaltens im Straßenverkehr gesehen. Motto: Wer sich im normalen Leben nicht an die Regeln halte, der mache dies wohl auch nicht im Straßenverkehr.

Der Betroffene ist Jahrgang 1990 und hat seit 2012 die Fahrerlaubnis der Klassen A und B. Per Strafbefehl des Amtsgerichts Bruchsal wurde er im März 2015 wegen gefährlicher Körperverletzung sowie unerlaubten Besitzes und Führens einer Schusswaffe zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten auf Bewährung verurteilt. Grund: Am 10. Juli 2014 um die Mittagszeit habe der Mann in Bruchsal durch ein offen stehendes Wohnzimmerfenster mit einem Luftgewehr auf eine etwa 40 Meter entfernt stehende Schülergruppe gezielt. Dabei habe er gesagt: "Das wäre ein guter Kopftreffer". Dann habe er auf einen 13-Jährigen geschossen, der mit dem Rücken zu ihm auf dem Schulhof stand. Das Geschoss traf den Jungen links im oberen Schulterbereich. Der Schüler erlitt hierbei ein Hämatom.

Nach Rechtskraft des Strafbefehls war das Verwaltungsrecht am Zug. Der damals für den Schützen zuständige Landkreis forderte ihn auf, zur Klärung seiner Fahreignung ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen. Der TÜV Süd kam in dem Gutachten vom Dezember 2015 zum Schluss, dass es im Zusammenhang mit der strafrechtlichen Auffälligkeit des Mannes Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial gebe. Deshalb sei zu erwarten sei, dass der Betroffene zukünftig erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche/strafrechtliche Bestimmungen verstoßen werde. Daraufhin entzog der Landkreis Germersheim, in dessen Zuständigkeitsbereich der Mann umgezogen war, ihm am 17. Februar 2016 die Fahrerlaubnis.

Der Antragsteller legte Widerspruch ein. Die 3. Kammer des Gerichts lehnte den Eilantrag des Betroffenen ab. Begründung: Die Entziehung der Fahrerlaubnis sei offensichtlich rechtmäßig. Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit des Gutachtens seien nicht zu erkennen. Der Gutachter habe ausgeführt, dass Forschungsergebnisse einen engen Zusammenhang zwischen allgemein-strafrechtlichen Delikten, Aggressivität und Verkehrsauffälligkeiten belegten. Das Gefährdungsrisiko im Straßenverkehr steige mit der Anzahl allgemein-strafrechtlicher Delikte. Personen, die außerhalb des Straßenverkehrs wenig Rücksicht auf Regeln und Gesetze nehmen würden, setzten sich auch beim Fahren leicht über die Verkehrsbestimmungen hinweg. Zudem sei bei Straftaten, bei denen ein hohes Aggressionspotenzial zu erkennen sei, zu berücksichtigen, dass die hier gezeigte erhöhte Impulsivität eine zuverlässig kontrollierte Verhaltenssteuerung erschwere.

Die Richter weiter: Auf der Basis dieser wissenschaftlichen Erkenntnisse sei der Gutachter zu dem Ergebnis gelangt, dass das Gesprächsverhalten des Antragstellers bei dem psychologischen Untersuchungsgespräch von inneren Widersprüchen geprägt gewesen sei. So habe der Mann den Zusammenhang zwischen seiner aktenkundigen Auffälligkeit und den persönlichen Hintergründen nicht erkennen können. Er habe im Wesentlichen äußere Umstände (das geladene Luftgewehr) oder andere Personen (seinen Cousin, der auf ihn einen ungünstigen Einfluss ausgeübt habe) und nicht persönliche Anteile für sein Fehlverhalten verantwortlich gemacht. Die Verletzung eines Menschen durch den abgegeben Gewehrschuss werde von dem Mann insgesamt bagatellisierend oder als nicht gewollt und auch nicht bemerkt dargestellt. Angesichts dieser Einlassungen in dem psychologischen Untersuchungsgespräch sei die Schlussfolgerung des Gutachters nachvollziehbar, es sei zu erwarten, dass der Antragsteller zukünftig erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche/strafrechtliche Regeln verstoßen werde. So das Gericht (Az.: 3 L 168/16.NW).

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