Heftiger Disput in Handwerksbetrieb „Arschloch“ in Richtung Chef kann mit sofortiger Wirkung den Job kosten

Kiel · Es passiert ganz schnell. Ruck Zuck hat man im Streit jemanden als „Arschloch“ tituliert. Dafür sollte man sich aber anschließend entschuldigen. Weil er das nicht getan hat, ist ein 62 Jahre alter Handwerker nach 23 Jahren seine Arbeitsstelle los.

 Ein Gas- und Wasserinstallateur bei der Arbeit. Symbolfoto.

Ein Gas- und Wasserinstallateur bei der Arbeit. Symbolfoto.

Foto: dpa/Waltraud Grubitzsch

Wer seinen Chef als „Arschloch“ bezeichnet, der muss damit rechnen, dass er seinen Arbeitsplatz verliert. Eine solche Beleidigung des Geschäftsführers kann nämlich auch bei einem langjährigen Arbeitsverhältnis in einem familiengeführten Kleinbetrieb ohne vorherige Abmahnung die außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Das hat das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein mit Sitz in Kiel entschieden (Az.: 3 Sa 244/16).

Handwerker seit 23 Jahren in Familienbetrieb

Die Richter erklärten die fristlose Kündigung eines 62 Jahre alten Handwerkers für rechtens und wiesen dessen Kündigungsschutzklage ab. Der Mann war seit 1993 in der Nähe von Hamburg bei einem kleinen, familiengeführten Gas- und Wasserinstallateurbetrieb beschäftigt. Neben den Geschäftsführern arbeiteten dort noch deren Mutter im Büro sowie drei Gesellen. Gelegentlich schaute auch der Vater der aktuellen Geschäftsführer vorbei, der früher den Betrieb geleitet hatte.

Wortwechsel mit dem früheren Senior-Chef

Bei einem dieser Besuche gab es einen Wortwechsel zwischen dem Handwerker und dem Senior-Chef. Ob dieser auf eine Frage etwas sarkastisch reagiert hat, ist streitig. Der Handwerker verließ jedenfalls grußlos den Raum. Dabei hörte er, wie der eine Geschäftsführer das Weggehen sinngemäß mit den Worten kommentierte: „Kinderkram/Sind wir hier im Kindergarten?“

Amt Tag darauf geht es verbal rund

Am nächsten Morgen kehrte der Handwerker in das Büro zurück. Er äußerte in einem gereizten Wortwechsel mit den Geschäftsführern, dass einer von ihnen gerne den Chef raushängen lasse und dass sich dessen Vater ihm gegenüber wie ein „Arsch“ benommen habe. Der genannte Geschäftsführer sei auf dem besten Wege, seinem Vater den Rang abzulaufen. Davon war der Chef nicht wirklich begeistert. Der Handwerker konterte: „Dann kündigt mich doch.“ Darauf erwiderte der Geschäftsführer: „Damit wir dann als soziale Arschlöcher dastehen.“ Der Handwerker gab zur Antwort, dass die Firma dies sowieso schon sei.

Keine Entschuldigung in Sicht

Nach dem Gespräch arbeitete der Handwerker zunächst noch weiter und wurde abends für drei Tage von der Arbeit freigestellt. Als er sich bis dahin noch nicht entschuldigt hatte, kündigte der Arbeitgeber fristlos, hilfsweise ordentlich. Der Handwerker klagte gegen diese Kündigung. Er ist der Ansicht, dass seine Äußerungen durch die Meinungsfreiheit gedeckt sei. Er habe aus einem Affekt heraus gehandelt und sei durch den Geschäftsführer sowie dessen Vater provoziert worden.

Richter bestätigen fristlose Kündigung

Die Klage war sowohl vor dem Arbeitsgericht als auch vor dem Landesarbeitsgericht erfolglos. Bei groben Beleidigungen könne sich ein Arbeitnehmer nicht auf sein Recht auf freie Meinungsäußerung berufen, so die Richter. Die Äußerungen des Geschäftsführers und des Vaters stellten demnach keine Provokationen dar. Von besonderem Gewicht sei außerdem die 16-stündige Zeitspanne zwischen den beiden Gesprächen, die eine Affekthandlung bei dem Handwerker ausschließe.

Und weiter: Einer Abmahnung bedurfte es im konkreten Fall wegen der fehlenden Entschuldigung und der auch vor Gericht fehlenden Einsicht des Handwerkers in sein Fehlverhalten nicht. Deshalb sei es der Beklagten als kleinem Familienbetrieb nicht zuzumuten, das über 23 Jahre andauernde Arbeitsverhältnis auch nur bis zum Ablauf der rund siebenmonatigen Kündigungsfrist fortzusetzen. Das Urteil ist rechtskräftig.

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