Jobcenter verweigert Hartz IV für Spekulationen an der Börse

Celle · Pro Monat 8000 Euro Gewinn mit nur zehn Tagen Arbeit. Diese Zukunft für einen Arbeitslosen (59) sah gut aus. Aber das Jobcenter gab kein Startkapital.

Jobcenter müssen keine Börsentermingeschäfte finanzieren. Das hat das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen im Fall eines Empfängers von Arbeitslosengeld II (Hartz IV) entschieden, der sich als Börsenhändler selbstständig machen wollte (Az.: L / AS 1494/15).

Der 59 Jahre alte Mann aus dem Landkreis Hameln-Pyrmont hatte beim Jobcenter einen Kredit über 60.000 Euro beantragt. Das Geld sollte als Startkapital für die Ausübung einer Tätigkeit im Bereich "Day-Trading mit Index-Futures" dienen. Diese Tätigkeit stelle einen verlässlichen Vorgang dar, mit dem der Lebensunterhalt auch von zu Hause aus verdient werden könne, so der 59-Jährige. Das beabsichtigte Tagesgeschäft mit Indexpapieren an der Terminbörse benötige nur wenig Vorbereitung und führe schon nach wenigen Tagen zu ersten Umsätzen. Es verursache keine Nebenkosten, beispielsweise für Miete, Versicherung, Warenein- und -ausgang, Transport oder Reklamation. Es sei krisensicher und benötige weder Rechnungstellungen noch ein Mahnwesen. Auch Genehmigungen seien nicht erforderlich, weil keine Tätigkeit als Finanzdienstleister für Dritte erfolge, sondern die DAX-Future nur für ihn selbst gekauft und verkauft würden.

Und mit dem Ganzen könne man gutes Geld verdienen. Diese Markteinschätzung beruhe auf einer bereits im Mittelalter bekannten Technik, die in einem aktuellen Buch genau beschrieben werde. Der Ansatz ermögliche im Mittelwert einen Tagesgewinn von 800 Euro und beim Ansatz von 10 Arbeitstagen je Monat einen Gewinn von monatlich 8.000 Euro. Selbst bei einer Erfolgsquote von 80 Prozent seien das monatlich 6.400 Euro. Nach Abzug von 50 Prozent für Steuern und Abgaben verblieben monatlich 1.000 Euro für die Kredittilgung ans Jobcenter und 2.200 für den eigenen Lebensunterhalt. So die Rechnung des 59-jährigen Arbeitslosen.

Das Jobcenter und das Sozialgericht in erster Instanz machten aber nicht mit. Zuvor hatte die IHK vor Ort die Geschäftsidee des 59-Jährigen geprüft und nicht für tragfähig erachtet. Motto: Es sei annähernd unmöglich von einer wirtschaftlichen Tragfähigkeit bei hochspekulativen Börsengeschäften auszugehen. Es liege vielmehr in der Natur der Sache, dass diese Geschäfte mit einem hohen Ausfallrisiko verbunden seien.

Aber der 59-Jährige gab seinen Traum nicht auf und ging in die nächste Instanz. Doch auch das Landessozialgericht vermochte sich seiner Argumentation nicht anzuschließen. Das von dem Grundsicherungsempfänger beabsichtige Geschäftsmodell des Termingeschäfts sei mit dem Förderungssystem des Sozialgesetzbuchs grundsätzlich nicht vereinbar, so die Richter. Nach dem Gesetz bestehe vielmehr ein erwerbszentriertes Leistungssystem, in dem die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit mit Bezug zum Arbeitsmarkt angestrebt werde. Eine rein private Vermögensverwaltung zur Vermögensbildung und zur Erzielung regelmäßiger Einnahmen sei hingegen insgesamt nicht förderungsfähig. Eine solche Tätigkeit führe weder zur Begründung eines Arbeitsverhältnisses noch zu einem selbstständigen Gewerbebetrieb, welcher durch die Tätigkeit für andere Auftraggeber gekennzeichnet sei. So das Landesozialgericht mit Sitz in Celle.

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