Verdacht der Kinderpornographie Jugendamt und Richter lassen ein Baby nicht zu seiner Familie

Frankfurt · Kinder müssen vor sexuellem Missbrauch geschützt werden. Und wenn die Gefahr in der eigenen Familie lauert, dann sind Jugendamt und Justiz gefordert. So wie in einem aktuellen Fall rund um ein Baby.

 Sexueller Missbrauch hinterlässt tiefe Wunden. Symbolfoto.

Sexueller Missbrauch hinterlässt tiefe Wunden. Symbolfoto.

Foto: picture alliance / dpa/Karl-Josef Hildenbrand

Ein neugeborenes Mädchen kommt zum eigenen Schutz bis auf weiteres nicht in die Obhut seiner Familie. Das hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main entschieden. In einem Eilverfahren bestätigten die Richter die vorübergehende Unterbringung des Kindes in einer Bereitschaftspflegefamilie. In der eigenen Familie bestehe nämlich die mögliche Gefahr von sexuellen Übergriffen durch den Lebensgefährten der Mutter des Kindes (Az.: 1 UF 4/18).

Verdacht des sexuellen Missbrauchs

Die betroffene Mutter hat nach Feststellung des Gerichts mit ihrem Lebensgefährten bereits zwei weitere Töchter. Gegen den Mann laufen mehrere Ermittlungsverfahren. Sie wurden wegen des Verdachts der Verbreitung, des Erwerbs und Besitzes kinderpornographische Schriften sowie des Verdachts des sexuellen Missbrauchs der beiden älteren Töchter eingeleitet.

Baby nach der Geburt in Obhut genommen


Vor diesem Hintergrund wurde das neu geborene, dritte Mädchen nach der Geburt noch im Krankenhaus vom Jugendamt in Obhut genommen und in einer Pflegefamilie untergebracht. Durch Beschluss eines hessischen Familiengerichts wurde der Mutter außerdem die Personensorge für das Kind vorläufig entzogen und dem Jugendamt übertragen. Gegen diesen Beschluss wehrt sich die Mutter. Sie hatte mit ihrer Beschwerde vor dem Oberlandesgericht (OLG) aber keinen Erfolg.

Richter sehen Wohl des kleinen Kindes bedroht


Dazu die Richter: Eine Trennung des Mädchens von seinen Eltern sei verfassungsrechtlich zwar nur unter strengen Anforderungen zulässig. Diese Voraussetzungen lägen im konkreten Fall wegen der drohenden Gefährdung seiner körperlichen und psychischen Unversehrtheit jedoch vor. Das Kindeswohl des neugeborenen Kindes sei im Haushalt der Kindesmutter und ihres Lebensgefährten gefährdet.

Wurden seine Schwestern sexuell missbraucht?


Aus den Ermittlungsakten ergebe sich der dringende Verdacht des sexuellen Missbrauchs der beiden älteren Töchter durch den Lebensgefährten der Mutter. Die Akten enthielten mehrere Lichtbilder dieser Töchter fast nackt in kinderpornographischen Posen. Nach Überzeugung der Richter ist in dem Anfertigen solcher Bilder eine Gefährdung des Kindeswohls zu sehen. Bereits in dem Fotografieren der Kinder in diesen eindeutig sexualisierten, kinderpornographischen Positionen liege eine Degradierung der Mädchen zu einem bloßen Sexobjekt und eine sexuelle Ausbeutung zu pornographischen Aktivitäten. Damit sei der naheliegende Eintritt eines Schadens für die körperliche und psychische Unversehrtheit der Mädchen verbunden, so die Richter.

Baby besonders verletzlich und schutzwürdig


Aus diesen Umständen ergebe sich auch eine Kindeswohlgefährdung für die erst wenige Monate alte und damit besonders verletzliche Schwester der bislang betroffenen Mädchen. Es bestehe die „erhebliche und nachhaltige Gefahr“, dass auch sie vom Vater der älteren Töchter „zur Befriedigung eigener und fremder sexueller und kinderpornographische Interessen missbraucht“ würde. Dabei begründe bereits der einmalige Missbrauch die Gefahr einer schwerwiegenden Schädigung des Kindes. Aufgrund ihres jungen Alters fehle dem Mädchen zudem jede Möglichkeit, sich zu wehren oder Dritten anzuvertrauen.

Mutter der Kinder verteidigt Lebensgefährten


Mildere Mittel als der Entzug der Personensorge seien nicht ersichtlich, so das Oberlandesgericht. Die Mutter der Mädchen habe sich bislang nicht von ihrem Lebensgefährten distanziert. Sie habe zwar erklärt, das Kind durch ihre Anwesenheit schützen zu können. Gleichzeitig bagatellisiere sie die Gefahrenlage aber in nicht nachvollziehbarer Weise und unterstütze die Verteidigung ihres Lebensgefährten, indem sie behaupte, die Bilder seien ihm zugeschickt worden.
Der Beschluss des Oberlandesgerichts ist unanfechtbar. Er beendet das Verfahren über die vorläufige Entziehung der Personensorge im Eilverfahren mit Blick auf das neugeborene Mädchen. Parallel dazu wurde von Amts wegen ein Hauptsacheverfahren eingeleitet. In diesem umfassenden Verfahren geht es auch um die beiden älteren Schwestern des Mädchens. Dabei wird derzeit ein Sachverständigengutachten zur Frage der Kindeswohlgefährdung aller drei Töchter eingeholt.

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