Justiz zeigt Härte im Kampf gegen Raser und verhängt höhere Strafe

Hamm · Eigentlich weiß jeder, dass man im Ort nur 50 Stundenkilometer fahren darf. Trotzdem halten sich viele Leute nicht daran. Aber nun zeigt die Justiz Härte. Wer mehr als 40 Prozent über dem Tempolimit liegt, gilt demnach als Vorsatz-Täter und wird härter bestraft.


Wer innerorts deutlich zu schnell mit dem Auto oder Motorrad unterwegs ist, der muss künftig mit einem saftigen Aufschlag im Vergleich zum Bundesgeldkatalog rechnen. Das ergibt sich aus einer Grundsatzentscheidung des Oberlandesgerichtes Hamm. Demnach muss ein Bußgeldrichter nicht mehr quasi automatisch und bis zum Beweis des Gegenteils von einer lediglich fahrlässigen Überschreitung eines Tempolimits ausgehen. Stattdessen kann der Richter von einer vorsätzlichen Geschwindigkeitsüberschreitung ausgehen, wenn der Betroffene die zulässige Höchstgeschwindigkeit um mehr als 40 Prozent überschritten hat. Die Folge: Der Raser muss mit einem deutlich höheren Bußgeld rechnen und damit, dass seine Rechtsschutzversicherung bei vorsätzlichem Tun die Kosten für Anwalt und Prozess nicht mehr übernimmt (Az.: 4 RBs 91/16).

Im konkreten Fall ging es um einen 55 Jahre alten Mann aus Höxter. Er ist bereits mehrfach verkehrsrechtlich in Erscheinung getreten, unter anderem als Temposünder. Im August 2015 war es wieder so weit. Der Mann war mit seinem Daimler Benz in Höxter innerorts unterwegs und überholte ein anderes Fahrzeug. Dabei wurde er von der Polizei per Lasermessung erwischt. Ergebnis: Der Mann hatte die zulässige und durch entsprechende Beschilderung ausgewiesene Höchstgeschwindigkeit von 50 Kilometern pro Stunde um 28 Kilometer überschritten.

Diesen Verkehrsverstoß ahndete das Amtsgericht Höxter mit einem Bußgeld von 300 Euro. Im Bußgeldkatalog ist für derartige Verstöße zwar lediglich ein Betrag von 100 Euro vorgesehen. Aber diese Höhe gilt für den so genannten Regelfall, also eine fahrlässige Begehungsweise bei gewöhnlichen Tatumständen. Bei vorsätzlicher Begehungsweise und/oder außergewöhnlichen Tatumständen, muss mit einem erhöhten Bußgeld gerechnet werden. Das Amtsgericht ging im konkreten Fall von einer vorsätzlichen Begehung aus und berücksichtigte zu Lasten des Betroffenen dessen Voreintragungen.

Diese harte Linie gegenüber dem Autofahrer wurde vom Oberlandesgericht bestätigt: Der Betroffene sei zu Recht wegen einer vorsätzlichen Tat verurteilt worden. Bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung handele vorsätzlich, wer die Geschwindigkeitsbeschränkung kenne und bewusst dagegen verstoße. Ob dies gegeben ist oder nicht, sei zwar eine Frage der inneren Sichtweise des Betroffenen. Aber es gebe äußere Umstände, die Rückschlüsse aus diese innere Seite zulassen. Der Grad der Überschreitung des Tempolimits könne dabei ein starkes Indiz für vorsätzliches Handeln sein. Es komme auf das Verhältnis zwischen der gefahrenen und der vorgeschriebenen Geschwindigkeit an. Insoweit gehe der Senat von dem Erfahrungssatz aus, dass einem Fahrzeugführer die erhebliche Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit aufgrund der Fahrgeräusche und der vorüberziehenden Umgebung jedenfalls dann nicht verborgen bleibe, wenn er die zulässige Höchstgeschwindigkeit um mehr als 40 Prozent überschreite.

So verhalte es sich im vorliegenden Fall. Dem Betroffenen sei die innerorts zulässige Geschwindigkeit aufgrund der örtlichen Beschilderung bekannt. Im Zeitpunkt der Polizeikontrolle habe er sie - zudem ein anderes Fahrzeug überholend - um mehr als 50 Prozent überschritten. Allein dieser Umstand rechtfertige die Annahme eines vorsätzlichen Verstoßes, den der Tatrichter nicht mit weitergehenden Feststellungen zum inneren Wissen und Wollen des Betroffenen begründen müsse. Hier sei nämlich bereits die klare Indizwirkung der äußeren Umstände für eine Verurteilung ausreichend.

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