Haftung bei Straßenarbeiten Rollsplitt auf der Straße: Motorradfahrer stürzt in Kurve und will Schadensersatz von der Gemeinde

Schleswig · Noch einmal die Sonne ausnutzen und raus mit dem Motorrad. Die nächste Kurve lockt. Leicht anbremsen, rein in die Schräglage und dann wieder raus. Das macht Spaß. Aber Achtung. Wer dabei stürzt, der ist oft zumindest teilweise selber schuld.

 Zwei Motorradfahrer auf einer Landstraße in Niedersachsen. Symbolfoto.

Zwei Motorradfahrer auf einer Landstraße in Niedersachsen. Symbolfoto.

Foto: dpa/Swen Pförtner

Wenn ein Motorradfahrer in der Kurve einer Gemeindestraße auf Rollsplitt stürzt, dann haftet die Gemeinde zwar für seine Schäden, wenn sich kein Warnschild unmittelbar vor der Unfallstelle befindet. Allerdings muss sich der Motorradfahrer ein Mitverschulden von einem Drittel anrechnen lassen, wenn ein paar Kurven vor der Unfallstelle ein Gefahrstellenschild gestanden hat. Das hat der 7. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts entschieden (Az. 7 U 143/14).

Die Gemeinde hatte besagte Straße durch ein Unternehmen ausbessern lassen. Dabei wurde Rollsplitt benutzt. Knapp eine Woche nach Ende der Arbeiten ließ die Firma die Warnschilder "Splitt" und "Rollsplitt" entfernen. Es blieb lediglich ein Warnschild (Gefahrstelle, schwarzes Ausrufezeichen in rotem Dreieck). Das stand mehrere Kurven vor der späteren Unfallstelle, einer Rechtskurve. Dort stürzte der Geschädigte bei Tageslicht mit seinem Motorrad Yamaha. Er hatte zum Verlassen der Kurve sein Motorrad beschleunigt. Der Mann erlitt unter anderem Verletzungen an der Hand sowie am Knie und wurde in der Folge drei Mal operiert. Er verlangte Schadensersatz und Schmerzensgeld.

Urteil der Richter: Die Gemeinde hafte als Träger der Straßenbaulast auf Schadensersatz und Schmerzensgeld. Auch wenn sie die konkreten Arbeiten auf ein anderes Unternehmen übertragen habe, behalte sie ihre Aufsichts- und Überwachungspflichten. Diese Pflichten habe sie verletzt. So habe das beauftragte Unternehmen die auf Rollsplitt hinweisenden Schilder abbauen lassen, obwohl der Splitt noch nicht beseitigt gewesen sei. Allerdings, so die Richter weiter, treffe den Motorradfahrer ein Mitverschulden. Dieses Mitverschulden ergebe sich aus der von dem Motorrad ausgehenden Betriebsgefahr, die durch einen Fahrfehler des Motorradfahrers erhöht worden sei.

So habe der Motorradfahrer seine Yamaha im Kurvenbereich zum Beschleunigen hochgeschaltet und damit eine vermeidbare Gefahrerhöhung geschaffen. Dabei sei zwar der Rollsplitt auf der Straße optisch nicht erkennbar gewesen. Allerdings hätte das ein paar Kurven vor der Unfallstelle stehende Warnzeichen den Mann veranlassen müssen, im Bereich der Rechtskurve das Motorrad nicht zu beschleunigen. Das Schild hätte ihm Warnung sein müssen, dass auch mit einigem Abstand noch Gefahrenstellen auftreten können. Zudem sei wegen des optischen Eindrucks der Straße erkennbar gewesen, dass im Unfallbereich Ausbesserungsarbeiten stattgefunden hatten. Deshalb wäre vor Ort besondere Vorsicht geboten gewesen.

Fazit der Richter: Das Mitverschulden des Motorradfahrers führe zu einer Haftungsverteilung von einem Drittel zu seinen Lasten und von zwei Dritteln zu Lasten der Gemeinde. Der Mann erhalte deshalb zwei Drittel der materiellen Schäden unter anderem an Helm und Motorrad ersetzt. Außerdem stehe ihm ein anteiliges Schmerzensgeld in Höhe von 4000 Euro zu.

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