Strafprozess am Saarbrücker Landgericht Geldzählen: Trickdiebe tauschten 200.000 Euro gegen Papierschnipsel

Saarbrücken/München · Viel Geld für nichts: Eine Diebesbande hat einen Geschäftsmann abgezockt. Als Sicherheit für einen Millionenkredit legte der Mann 300.000 Euro in ein Schließfach. Der Großteil des Geldes ist nun weg und der versprochene Kredit kam nie an.

 Eine Frau zählt 500-Euro-Scheine. Symbolfoto.

Eine Frau zählt 500-Euro-Scheine. Symbolfoto.

Foto: dpa/Patrick Seeger

Wegen Trickdiebstahls und dem Gebrauch von falschen Ausweisen hat das Landgericht Saarbrücken ein junges Paar zu Gefängnisstrafen verurteilt. Der Mann und die Frau sind jeweils 25 Jahre alt. Sie gaben sich als Kinder reicher Eltern aus. Beim Zählen von Bargeld anderer Leute gelang es ihnen, in München rund 200.000 Euro eines Geschäftsmannes in wertlose Papierschnipsel umzutauschen.

In einem weiteren Fall im Saarland funktionierte der Trick nicht. Hier kam die Polizei und das Paar musste in Untersuchungshaft. Nun standen beide vor Gericht. Der mehrfach wegen Diebstahls in Frankreich vorbestrafte Mann wurde zu drei Jahren Gefängnis verurteilt, seine Frau zu zwei Jahren Gefängnis auf Bewährung. Beide Angeklagte bedankten sich beim Gericht dafür, dass die Frau nach diesem Urteil aus der Untersuchungshaft entlassen wird und sich wieder um die beiden gemeinsamen Kinder in Rumänien kümmern kann.

Ehepaar aus ärmlichen Verhältnissen in Rumänien

Die Frau und der Mann sind dort nach eigener Aussage in ärmlichsten Verhältnissen ausgewachsen. Sie sei nie zur Schule gegangen, habe Schreiben und Lesen von anderen Kindern gelernt. Er habe etwa zwei oder drei Jahre eine Schule besucht. Beide lernten sich im Alter von 14 Jahren in Italien kennen, wo sie in Wohnwagen lebten. Ihre Mütter hätten gebettelt, sie selbst hätten versucht, sich mit Gelegenheitsarbeiten über Wasser zu halten. Auch später, als sie wieder zurück in Rumänien waren. Dazu die Frau: „Wir waren arm.“ Und: „Es war ein schweres Leben.“

Stellenanzeige im Internet: 1000 Euro für Arbeit als Kurier

Eine Stellenanzeige im Internet habe ihnen und ihrer Familie Hoffnung gegeben, so der Mann in seiner Aussage vor Gericht. In der Anzeige habe jemand ein Gehalt von 1000 Euro im Monat für die Arbeit als Kurier geboten. Der Mann und die Frau wollten sich diese Chance nicht entgehen lassen. Sie meldeten sich auf die Anzeige. Die Anweisungen für ihre Arbeit hätten sie anschließend per Handy oder via Internet erhalten.

Damit wurde das Paar nach Feststellung der Richter zu einem der kleinsten Rädchen in einem international aufgestellten Räderwerk in Sachen Trickdiebstahl. Nach Aussage der Leiterin der Ermittlungen ging es um so genannte „Rip-Deals“, also um Tricksereien beim Hantieren mit Bargeld von gutgläubigen Kunden. Dies sei eine Masche, die immer wieder beim Tauschen oder Prüfen von Bargeld genutzt werde. Allerdings eher in den Niederlanden oder in Italien - und weniger in Deutschland.

Geschäftsmann brauchte einen Millionen-Kredit

Eines der Opfer der Bande sollte im Februar 2018 ein Geschäftsmann aus dem Saarland werden. Der Mann benötigte 2,3 Millionen Euro für ein Immobiliengeschäft. Aber keine der normalen Banken wollte ihm Kredit gewähren. Über einen Kreditvermittler fand sich ein vermeintlicher Privatinvestor aus der Schweiz mit Doktortitel und Firmensitz in London. Per Telefon bot der großzügige Investor eine Erhöhung der Kreditsumme auf 2,5 Millionen Euro an. Zur Sicherheit für den Kredit solle der Saarländer 12 Prozent der Summe, also 300.000 Euro in 500-Euro-Scheinen im Schließfach einer Bank hinterlegen. Dieses Geld sollte von Repräsentanten des Kreditgebers gezählt, auf Echtheit geprüft und wieder ins Schließfach gelegt werden.

Angeklagte traten als Kinder aus reicher Familie auf

Am Tag der Prüfung des Bargeldes kamen die beiden Angeklagten ins Saarland. Sie erhielten dabei entsprechende Instruktionen per Telefon. Damit wurden sie nach eigener Aussage zunächst zu einem am Bahnhof versteckten Schlüssel geführt. Der Schlüssel passte zu einem Schließfach mit einer Reisetasche. In dieser Tasche lagen unter anderem ein voreingestelltes Handy, Bündel mit vermeintlichen Geldscheinen, Verpackungsmaterial und eine Diebesschürze. Diese Schürze mit den falschen Geldbündeln trug die Frau unter ihrem Rock, als sie und der Mann in die Bank im Saarland gingen. Dort wurden die beiden als die Kinder eines Aufsichtsratsmitgliedes des Investors vorgestellt. Während sie das Geld des Saarländers prüften, sollte dieser durch Anrufe von außen und andere Dinge abgelenkt werden. Die Frau sollte in diesen Momenten die echten gegen die falschen Geldbündel tauschen. Aber das funktionierte nicht. Der Mann und die Frau wurden von der Polizei festgenommen.

Spur vom Handy führte zu einem weiteren Opfer in Bayern

Bei den anschließenden Ermittlungen wurde das bei der Tat benutzte Handy ausgewertet. Es führte zu einem Kreditvermittler im Ruhrgebiet mit einem Kunden in Bayern. Dieser Mann war wenige Wochen zuvor zum Opfer der Bande geworden. Es ging um einen Kredit in Höhe von drei Millionen Euro für den Aufbau einer Schafzucht in Osteuropa. Als die Polizei ihn kontaktierte, wartete der Geschäftsmann immer noch auf seinen Millionenkredit. Und die 300.000 Euro Sicherheit in dem Schließfach in seinem Fall wollte der Betroffene zunächst nicht anrühren, weil er damit seine Pflichten aus dem Kreditvertrag verletze und den Kredit gefährde. Aber schließlich öffnete der Mann doch noch das Schließfach und musste entsetzt feststellen, dass 200.000 Euro gegen Papierschnipsel ausgetauscht worden waren.

Diebes-Beute in Reisetasche im Bahnhof deponiert

Nach Aussage der beiden geständigen Angeklagten war die Tat in München genau so abgelaufen, wie sie im Saarland geplant gewesen war. Die Anweisungen kamen auch dort laufend per Handy. Sie führten erst zu einem Schlüssel, dann zu einer Reisetasche mit den falschen Geldbündeln, der Geldschürze und den anderen Utensilien. Das erbeutete Geld sei anschließend diesen Weg wieder zurück gegangen, so die Angeklagten. Sie hätten die 200.000 Euro in besagte Reisetasche gesteckt, diese in ein Schließfach im Bahnhof gelegt und den Schlüssel dazu in dessen früherem Versteck deponiert. Danach verliert sich die Spur des Geldes. Auch den vermeintlichen Privatinvestor mit Doktor-Titel, der bei den Taten verschiedene Namen nutzte, konnte die Polizei noch nicht ermitteln. Er bleibt ein Phantom.

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