Wenn einem Wohnungseigentümer die Mülltonne des Nachbarn stinkt

Neustadt · Jeder muss sie haben, aber keiner hat sie gern in seiner Nähe. Mülltonnen sind nicht schön und manchmal riechen sie auch unangenehm. Deshalb schiebt sie jeder möglichst weit weg. Was dann unter Umständen der Nachbarin stinkt, die sich gegen die fremden Tonnen vor ihrer Nase wehrt.


Das Verwaltungsgericht in Neustadt an der Weinstraße hat die Klage einer Wohnungseignerin gegen Mülltonnen auf dem Nachbargrundstück abgewiesen. Die Anwohnerin aus Meckenheim hat demnach keinen Anspruch auf ein bauaufsichtliches Einschreiten des Landkreises Bad Dürkheim gegen die Nutzung eines Stellplatzes auf dem benachbarten Grundstück als Abstellplatz für Mülltonnen (Az.: 4 K 11/16.NW). Die Betroffene ist Miteigentümerin eines Wohnhauses. Auf dem Nachbargrundstück steht ein 2012 genehmigtes Mehrfamilienwohnhaus mit sechs Wohnungen von jeweils mehr als 60 Quadratmetern Grundfläche. Nach der entsprechenden Satzung der Gemeinde Meckenheim sind bei dieser Wohnungsgröße pro Wohnung mindestens zwei Stellplätze erforderlich. Also gibt es sechs Garagen und sechs Stellplätze auf dem Gelände. Einer der mit Pflastersteinen befestigten Stellplätze liegt im hinteren Teil des Geländes neben einer Garage und an der Grundstücksgrenze. Er hat eine Länge von sechs Metern und einer Breite von 3,30 Metern zulaufend auf 3,0 Meter.

Der Stellplatz grenzt an eine Sandsteinmauer, hinter der die Terrasse der Betroffenen liegt. Sie wehrt sich dagegen, dass die Bewohner des Mehrfamilienhauses unter anderem diesen Stellplatz zum Abstellen ihrer Mülltonnen nutzen - fünf 240-Liter Abfallbehälter und sieben 120-Liter-Tonnen. Die Klägerin ist der Ansicht, einer der zwölf notwendigen Kfz-Stellplätze werde in widerrechtlicher Weise zum Abstellen von Müllbehältern genutzt. Insbesondere an warmen Tagen gehe eine unzumutbare Geruchsbelästigung von den Mülleimern aus. Deshalb müsse die Bauaufsicht einschreiten.

Das sahen die Richter anders. Sie stellten fest, die Klägerin habe keinen Anspruch auf ein Einschreiten der Bauaufsicht. Die von der Klägerin geltend gemachte Vorschrift zu den notwendigen Stellplätzen und Garagen könne von ihr als Nachbarin nicht in Anspruch genommen werden. Diese Vorschrift sei nicht nachbarschützend. Die Stellplatzvorschriften dienten ausschließlich den Belangen des öffentlichen Straßenverkehrs. Dieser solle mit Hilfe der zu schaffenden Stellplätze vom ruhenden Verkehr freigehalten werden, soweit er durch die baulichen Anlagen verursacht werde. Diesbezüglich seien also keine geschützten Rechtsgüter der Nachbarin betroffen.

Das Gericht weiter: Die Mülltonnen hielten auch die von der Landesbauordnung geforderten Mindestabstände zum Nachbargrundstück ein. Danach sollten Dungstätten von Öffnungen zu Aufenthaltsräumen fünf Meter und von Grundstücksgrenzen zwei Meter entfernt sein. Ungeachtet des Umstands, dass geschlossene 240-Liter Abfallbehälter nicht mit offenen Dungstätten verglichen werden könnten, seien die Mülltonnen entlang der Garage aufgestellt. Damit stünden sie - bei einer Stellplatzbreite von mindestens drei Metern - mehr als zwei Meter von der Grundstücksgrenze entfernt. Die Anordnung der Mülltonnen genüge somit in Bezug auf Geruchsbelästigungen den Anforderungen des Baurechtes.

Es liege auch kein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme vor, so die Richter. Insbesondere könne die Klägerin nicht mit Erfolg einwenden, das Abstellen der Abfallbehältnisse in der Nähe ihres Grundstücks und die damit zusammenhängenden Geruchsbelästigungen seien für sie unzumutbar. Ein Grundstücksnachbar habe nämlich im Allgemeinen Müllbehältnisse in der Nähe der gemeinsamen Grundstücksgrenze als sozialadäquat hinzunehmen - zumal Geruchsbelästigungen bei Nutzung ordnungsgemäßer Lagerbehälter ausgeschlossen sein dürften. Außerdem sei ein Bauherr nicht verpflichtet, die dem jeweiligen Nachbarn verträglichste und günstigste Lösung zu wählen. Er könne dies tun - aber er müsse dies nicht tun. Das Gebot der Rücksichtnahme gewähre demnach grundsätzlich keinen Anspruch auf einen anderen Abstellort von Mülltonnen. Das Urteil aus Neustadt ist noch nicht rechtskräftig.

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