Wohnungsnot auf Sylt: Erbbaurecht aus sozialen Gründen widerrufen

Schleswig · Auf der Nordseeinsel Sylt herrscht Wohnungsnot. Einheimische mit normalem Einkommen können die Mieten nicht mehr bezahlen. Die Insel versucht gegenzusteuern, kauft Grundstücke und gibt sie per Erbbaurecht weiter.

Die Gemeinde Sylt kann von dem Inhaber des Erbbaurechts für ein Reihenhaus in Westerland die Rückübertragung des Erbbaurechts (Heimfall) verlangen, wenn der Betroffene das Gebäude vertragswidrig nicht selbst nutzt. Das hat der 2. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts entschieden (Az.: 2 U 2/14) .

Der Fall: Die Gemeinde Sylt ist Eigentümerin eines mit Reihenhäusern bebauten Grundstücks in Westerland. Die Reihenhauszeile besteht aus mehreren Einheiten und befindet sich etwa 600 Meter vom Strand entfernt. Im Jahr 2005 hatte die Gemeinde das Grundstück von der Bundesrepublik Deutschland erworben. Sie ließ anschließend für jede "Hausscheibe" ein Wohnungserbbaurecht im Grundbuch mit einer Laufzeit von 99 Jahren eintragen.

Anschließend veräußerte sie das Wohnungserbbaurecht aus sozialen Gründen weit unter dem Verkehrswert. Nach dem Erbbaurechtsvertrag sind die Erwerber verpflichtet, das Wohngebäude ausschließlich für sich und die in ihrem Haushalt lebenden Familienangehörigen als Hauptwohnsitz zu nutzen. Bei einem Verstoß gegen diese Verpflichtung sieht der Erbbaurechtsvertrag vor, dass die Gemeinde die Rückübertragung des Erbbaurechts verlangen kann. Mit dieser Regelung will die Gemeinde den Wohnbedarf der ortsansässigen Bevölkerung decken.

Der Inhaber des Erbbaurechts für eines der Häuser wohnt in Dortmund. Er hat das Haus mit etwa 78 Quadratmetern Wohnfläche ohne Kenntnis der Gemeinde fremdvermietet. Als er den monatlichen Mietzins von 860 Euro kalt auf 1032 Euro kalt anheben wollte, wandten sich die Mieter an die Gemeinde Sylt. Die Kommune mahnte daraufhin beim Beklagten an, die Wohnung entsprechend der Regelung im Erbbaurechtsvertrag zu nutzen. Als die Mahnung und anschließende Verhandlungen zu keinem Ergebnis führten, verlangte die Gemeinde vor Gericht die Rückübertragung des Erbbaurechts.

Das Oberlandesgericht gab der Kommune Recht. Begründung: : Die Gemeinde könne die Rückübertragung des Erbbaurechts verlangen, weil der Inhaber das Objekt nicht als Wohnung für sich und/oder seine Angehörigen nutzt. Die Gemeinde wolle mit der entsprechenden Ausgestaltung der Verträge den Wohnbedarf der ortsansässigen Bevölkerung decken. Dies gelte insbesondere für Bevölkerungsgruppen mit besonderen Wohnraumversorgungsproblemen. Dass dies auf Sylt einen großen Teil der ortsansässigen Bevölkerung betreffe, sei allgemein bekannt und bundesweit Thema in den Medien.

Die Gemeinde verfolge dementsprechend ein berechtigtes Anliegen, wenn sie dafür Sorge tragen will, dass nicht schon Personen mit einem Durchschnittseinkommen weitgehend vom Wohnungsmarkt auf Sylt ausgeschlossen sind. Die Personen, die etwa zur Aufrechterhaltung der Infrastruktur und im Tourismus auf der Insel tätig sind, könnten ansonsten keinen ersten Wohnsitz mehr auf Sylt haben, so die Richter. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. red/wi

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