Ungewöhnliche Flugreisen Mitflugzentralen bieten einen Platz in der Propellermaschine

Braunschweig · Ein spontaner Trip nach Sylt oder ein Rundflug über das Ruhrgebiet – mit Mitflugzentralen ist das kein Problem. Das Modell: Piloten nehmen Passagiere auf ihrer Strecke mit und finanzieren so ihren Flug.

In Deutschland ist das Konzept noch kaum bekannt. Die wichtigsten Plattformen für Flüge hierzulande sind Wingly, Flyt.Club und Coavmi.

In der Regel stellen Hobbypiloten über die Mitflugzentralen Plätze auf ihrem Flug zur Verfügung. Viele haben gar kein eigenes Flugzeug, sondern leihen eines, zum Beispiel von Vereinen. Fliegen ist teuer, die Piloten wollen die Kosten für ihr ­Hobby reduzieren und nehmen deshalb Gäste mit. Kontakt und Abrechnung laufen über die Plattformen. „Um Flüge anbieten zu können, ist eine aktuelle Fluglizenz und ein medizinisches Flugtauglichkeitszeugnis nötig“, erklärt Kim-Julian Becker, Mitgründer von Flyt.Club. Außerdem müssten die Piloten mindestens drei Starts und Landungen innerhalb der letzten 90 Tage vorweisen.

Neben den Piloten müssen auch die Flugzeuge geprüft werden. „Die Wartungsvorschriften sind sehr streng“, sagt Klaus Rogge, Vorsitzender der Bundeskommission Motorflug beim Deutschen Aero Club. Die Maschinen müssen sich in den Luftverkehr einreihen. Sie bewegen sich zwar in anderen Höhen als Linienflugzeuge, stehen aber trotzdem in Kontakt mit den Lotsen der Flughafen-Tower.

Einen Flug im Airbus nach Dubai gibt es bei den Mitflugzentralen nicht. Es handelt sich fast immer um kleine Motorflugzeuge mit zwei bis vier Plätzen. In der Regel gibt es bei den Plattformen drei Möglichkeiten für Flüge. Dazu gehören Rundflüge, zum Beispiel über das Ruhrgebiet oder Berlin. Zudem gibt es Streckenflüge, etwa von Augsburg nach Kiel, sowie ins nahe Ausland. Die dritte Kategorie sind Ausflüge auf meist kürzeren Strecken. Es geht hin und zurück – oft verbunden mit einem Aufenthalt am Zielort. „Europaweit kann jeder beliebige Flug angeboten werden“, erklärt Melanie Engl, Sprecherin von Wingly.

Hat der Passagier bereits bezahlt, bekommt er sein Geld vollständig erstattet, wenn der Flug ausfällt. Eine Entschädigung gibt es aber nicht. Zur Einschätzung der Piloten könnten Kunden die Bewertungen und die Flugstunden der vergangenen Monate heranziehen, sagt Kim-Julian Becker. Die Piloten erhielten ihre Bezahlung erst nach dem Flug. Kunden könnten in der Regel bis 24 Stunden vor dem Flug stornieren.

Die Kosten richten sich nach der Größe des Flugzeugs, den Flughafengebühren und der Distanz. Die Strecke von München nach Oslo bietet ein Pilot bei Wingly für knapp 400 Euro an, ein Rundflug über Köln ist bei ­Flyt.Club für etwa 50 Euro zu finden.

Der Spaßgedanke steht bei Mitflugzentralen klar im Vordergrund. Die Piloten betreiben das Fliegen als Hobby, und auch die meisten Passagiere sehen das Angebot als Gelegenheit für einen besonderen Ausflug. Flüge zu verschenken, ist ebenfalls möglich.

Ein Konkurrent für Schiene und Straße sind die Mitflugzentralen damit im Alltag nicht. Die Piloten fliegen nicht gewerblich, zudem hat das Wetter großen Einfluss auf den Betrieb. Wer zu einem Geschäftstermin als Mitflieger anreisen will, geht ein großes Risiko ein. Auch der Familienurlaub ist über die Mitflugzentralen schwierig. Die Flugzeuge sind oft zu klein und haben kaum Platz für Gepäck. Für einen kurzen Städtetrip zu zweit könnte das Angebot aber geeignet sein. In Europa gibt es laut Wingly rund 3000 Flugplätze.

www.flyt.club

www.coavmi.com/de

https://de.wingly.io

(dpa)
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