Gefährliche Blutsauger Forscher warnen: 2018 wird ein Zeckenjahr

München · Die Zahl der Blutsauger wird in diesem Jahr einen neuen Rekordwert erreichen, warnt das Zentrum für Infektionsforschung.

 So sieht der Gemeine Holzbock unter dem Elektronenmikroskop aus. Die Tiere können mit ihrem Stich eine Reihe von Krankheitserregern übertragen.  

So sieht der Gemeine Holzbock unter dem Elektronenmikroskop aus. Die Tiere können mit ihrem Stich eine Reihe von Krankheitserregern übertragen.  

Foto: V. Steger/Immuno

Das Deutsche Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) warnt vor einem Zeckensommer. In den kommenden Wochen werde es so viele dieser Blutsauger geben, wie schon lange nicht mehr. Damit wachse auch die Gefahr, an Hirnhautentzündung (FSME) oder Borreliose zu erkranken, erklärt Privatdozent Dr. Gerhard Dobler vom Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr in München. „Wir werden die höchste Zahl an Zecken in den vergangenen zehn Jahren haben.“

Im DZIF sind bundesweit 35 wissenschaftliche Zentren zusammengeschlossen, darunter auch das Institut der Bundeswehr. Seit 2009 untersuchen dort Wissenschaftler die zunehmende Verbreitung des FSME-Virus. Sie ermitteln die Zahl der Zecken und die Quote infizierter Tiere auf einem Testgelände von der Größe eines Fußballfeldes im Landkreis Amberg. Es gilt als typisch für das ganze Land. „Wenn wir hier viele Zecken haben, dann haben wir diese hohen Zahlen auch anderswo im süddeutschen Raum“, erklärt Dobler.

Zusammen mit Wissenschaftlern der Veterinärmedizinischen Uni Wien haben die Biologen auf der Basis des bayerischen Zecken-Zensus, von Wetterdaten und biologischen Parametern aus zwei Jahren ein Computermodell der Zeckenprognose entwickelt. Es arbeite mittlerweile so genau, dass sie die Vorhersage wagen, es werde 2018 die zweieinhalbfache Zahl an Zecken wie im vergangenen Jahr geben. Dobler:  „Wir haben die höchste Zahl von Zecken, die wir seit Beginn der Untersuchungen gesammelt haben – gut für die Zecken, schlecht für uns.“ Und die biologischen Parameter des Rechenmodells deuteten auf die Möglichkeit hin, dass es bei entsprechender Witterung auch im Jahr 2020 wieder zu einer solchen Zeckenplage kommen könnte.

Zecken, meist ist damit der Gemeine Holzbock (Ixodes ricinus) gemeint, lauern zehn bis 50 Zentimeter über dem Boden auf den Spitzen von Grashalmen, auf krautigen Pflanzen oder Buschwerk. Höher als einen Meter krabbeln sie selten. Im Frühling und Frühsommer attackieren meist nicht ausgewachsene Zecken, sondern jugendliche Tiere (Nymphen). Ausgewachsene Zecken lauern im Herbst oder sogar an wärmeren Wintertagen auf eine Möglichkeit zum Blutsaugen. Sie warten darauf, dass sie ein Tier oder ein Mensch abstreift. Zecken fallen nicht von Bäumen und können auch nicht springen, erklärt das Robert-Koch-Institut (Berlin). Doch schon von den nur millimetergroßen Nymphen droht Gefahr, denn die Blutsauger können mit ihrem Speichel das Virus der Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) übertragen, die Hirnhautentzündung kann im allerschlimmsten Fall tödlich enden.

Das Epidemiologische Bulletin des Berliner Robert-Koch-Instituts liefert eine Art Lagebericht zur Zeckengefahr in Deutschland. Zu den Risikogebieten zählen danach flächendeckend Süddeutschland und Teile der nördlichen Bundesländer. Dazu kommen der Saarpfalz-Kreis, der Landkreis Birkenfeld und aus ungeklärten Gründen der Landkreis Marburg-Biedenkopf. Allerdings ist das Risiko, dass nach einem Zeckenstich das Virus übertragen wird, relativ gering. Nach Schätzungen des RKI sind in Risikogebieten maximal fünf Prozent der Tiere infiziert. Gerhard Dobler geht davon aus, das bei den Jungtieren 0,5 bis ein Prozent infiziert ist, bei ausgewachsenen Zecken zwischen zwei und fünf Prozent. Vor der Hirnhautentzündung schützt eine Impfung. Sie empfiehlt das Zentrum für Infektionsforschung im süddeutschen Raum. Hier ist die Zahl der infizierten Zecken am höchsten.

Auch der Erreger der Borreliose, ein Bakterium, kann vom Gemeinen Holzbock in ganz Deutschland übertragen werden. Das Risiko ist deutlich höher, nach Angaben des Robert-Koch-Instituts sind bis zu 30 Prozent der Tiere infiziert. Auch hier gelte, dass der Stich einer infizierten Zecke nicht automatisch zur Infektion führt, so das RKI. Insgesamt sei bei bis zu 1,4 Prozent der Zeckenstiche mit Krankheitssymptomen zu rechnen. Wenn eine Zecke zubeißt, sucht sie sich of Haaransatz, Ohren, Hals, Achseln, Ellenbeuge, Bauchnabel, Genitalbereich oder Kniekehle aus. Den besten Schutz biete geschlossene Kleidung, so das RKI. In der Sommerhitze ist das schwierig, deshalb gibt es chemische Mittel zum Zeckenschutz, doch die wirken nicht unbegrenzt. Am sichersten sei es, den Körper nach einem längeren Aufenthalt im Freien gründlich abzusuchen. Duschen sei eine Möglichkeit, um eine Zecke, die noch nicht zugestochen hat, abzuwaschen. Wer eine Zecke entdecke, müsse sie so schnell wie möglich entfernen. Das vermindere die Infektionsgefahr. Denn nach dem Stich könne es bis zu 48 Stunden dauern, bis der Erreger der Borreliose übertragen werde, erklärt das RKI.

www.rki.de/SharedDocs/FAQ/FSME/Zecken/Zecken.html

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