Beauty Als Schönheit noch lebensgefährlich war

Berlin · Bei manchen Kosmetikbehandlungen drohte bis in das 20. Jahrhundert hinein Gefahr für Leib und Leben.

 Im Film „Elizabeth – Das goldene Königreich“ von Regisseur Shekhar Kapur aus dem Jahr 2007 verkörpert die australische Schauspielerin Cate Blanchett die Rolle der englischen Königin Elizabeth I. Das historische Drama spielt im 16. Jahrhundert. Damals war noble Blässe angesagt, die die Adeligen durch Bleiweiß zu erreichen versuchten. Der giftige Stoff fügte der Haut aber auf Dauer schlimme Schädigungen zu.

Im Film „Elizabeth – Das goldene Königreich“ von Regisseur Shekhar Kapur aus dem Jahr 2007 verkörpert die australische Schauspielerin Cate Blanchett die Rolle der englischen Königin Elizabeth I. Das historische Drama spielt im 16. Jahrhundert. Damals war noble Blässe angesagt, die die Adeligen durch Bleiweiß zu erreichen versuchten. Der giftige Stoff fügte der Haut aber auf Dauer schlimme Schädigungen zu.

Foto: dpa

Wen heute beim Anblick der Bilder verpfuschter Schönheits-Operationen das große Zittern packt oder wer sich allgemein Sorgen wegen möglicher Nebenwirkungen moderner Beauty-Verfahren macht, der sollte einmal einen Blick in die Geschichte der Schönheitspflege werfen. Was sich die Dame von Welt zu früheren Zeiten alles ins Gesicht und in die Haare geschmiert hat, das war bestenfalls wirkungslos und schlimmstenfalls lebensgefährlich.

Der altägyptische medizinische Papyrus Ebers enthielt vor über dreieinhalbtausend Jahren neben allerlei Zaubersprüchen zur Vertreibung krankmachender Dämonen auch Rezepte für die Schönheitspflege. Gegen graues Haar, so war dort zu lesen, helfe etwa ein Gemisch aus gerösteten Eselshufen, das unter anderem auch zwei Sorten von Würmern beinhalte, die zuvor in siedendem Öl zu kochen seien.

Wer nun meint, derlei Schönheitsrezepturen könnten wohl nur einem Mann einfallen, irrt. Die ägyptische Königin Kleopatra, in Sachen Schönheit geradezu legendär, empfahl in ihrem „Handbuch für Kosmetik“ Gesichtspuder, die unter anderem aus dem Mist von Krokodilen bestanden. Hollywood entschied sich in den Kleopatra-Filmen aber doch lieber für deren berühmten Pflegebäder in Eselsmilch.

Im alten Ägypten ging es relativ bunt zu. Die Damenwelt grundierte ihr Gesicht gern in kräftigem Ockergelb, das ins Dunkelorange changieren durfte. Das Grün für die Augenlider enthielt Malachit, das auf Dauer nicht nur Nasen-, Mund- und Augenschleimhäute reizte, sondern auch als Brechmittel genutzt wurde. Die typisch ägyptische, schwarze Augenumrandung beinhaltete neben Ruß und Eisenoxid auch Manganoxid, das parkinsonähnliche Symptome verursachen kann, wie zum Beispiel Sprach- oder Bewegungsstörungen.

Im antiken Griechenland kam Bunt außer Mode und Weiß wurde – im wahrsten Sinne des Wortes – todschick. Denn „weißer als Elfenbein“, wie Homer so schön schwärmte, wurde das antike Antlitz nur dank des hochtoxischen Bleiweiß. Es war dennoch derart beliebt, dass der Trend Jahrhunderte überdauerte und sich die Damenwelt bis weit ins 19. Jahrhundert hinein damit vergiftete.

Zu den bekanntesten Fans der noblen Blässe zählte Königin Elizabeth I. (1533-1603), die ihre Kosmetik gar nicht dick genug auftragen konnte. Das hatte einen tiefer liegenden Grund, denn das giftige Bleiweiß verursachte höchst unschöne Abszesse auf der Haut, die nicht abheilten, solange immer wieder neues Bleiweiß nachgeschminkt wurde. Die Schminke musste immer dicker aufgetragen werden, um wenigstens die schlimmsten Schädigungen zu überdecken. Irgendwann konnte die modebewusste Queen ihr eigenes Gesicht nicht mehr ertragen und ließ daraufhin in ihrem Palast alle Spiegel abhängen.

Katharina von Medici (1519-1589) machte ebenfalls durch ihre Schönheitspflege von sich reden. Ihre Lippen und Wangen färbte sie als eine der ersten Europäerinnen überhaupt mit dem damals neuen „Spanischen Rot“, das so hieß, weil es aus Cochenilleschildläusen gemacht war, die spanische Kaufleute aus dem damals gerade entdeckten Amerika mitgebracht hatten. Das intensive Scharlachrot oder auch Karminrot der Schildläuse findet auch heute noch Verwendung in der Kosmetik- und Lebensmittelindustrie.

Aber auch das wunderschöne Cochenillerot konnte nicht verhindern, dass Spanien, wie auch Italien, von einer neuen aufgehenden Sonne am Modehimmel überschattet wurde. Frankreich stieg während der Herrschaft des Sonnenkönigs Ludwig XIV. zum Modetrendsetter Nummer Eins auf. Das wichtigste Motto lautete: Baden verboten! Schließlich konnte man ja nie wissen, welche Krankheitserreger sich im Wasser befanden. Dafür gab es nun Parfüms, Puder und Schminke satt.

Ganz ohne Flohfallen funktionierte die schöne neue Mode allerdings nicht, und so kam bei Hofe bald das „Kratzhändchen“ in Mode. Zudem wurden kleine Schönheitsflecken aus Leder, Samt und Seide beliebt, und die Frisuren türmten sich in immer atemberaubenderen Höhen auf. Gepudert wurden die Haare unter anderem mit derartigen Mehlmengen, dass zeitgenössische Kritiker des Hofes vorrechneten, wie viele Menschen man damit hätten ernähren können, schließlich litten etliche Untertanen damals Hunger.

Die Aufklärung und die Französische Revolution sorgten im 18. Jahrhundert für frischen Wind in der Schönheitspflege. Mit den aufkommenden Wissenschaften wuchsen die Erkenntnisse über die Gefährlichkeit mancher Inhaltsstoffe – was deren Beliebtheit zunächst trotzdem keinen Abbruch tat. Die Damenwelt zupfte sich auch weiterhin den Haaransatz, um mit vermeintlich hoher Stirn gelehrter zu wirken.

Im 19. Jahrhundert erhielt dann die Industrialisierung Einzug in die Kosmetikbranche. Doch der Weg zu gesundheitsfreundlicheren Produkten war noch weit. Sommersprossen wurden zu dieser Zeit mit Hilfe von hochgiftigem Quecksilber entfernt. Das funktionierte zumindest für kurze Zeit. Mundwasser wurde bald mit Radium versetzt, was allerdings nicht nur den üblen Mundgeruch vertrieb, sondern auch das Zahnfleisch schädigte.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts erfreute sich das Haarefärben wachsender Beliebtheit, wobei manchmal aber auch die Haare ausfielen. So wurde beispielsweise geraten, einen Bleikamm kurz in Essig zu tunken und sich damit die Haare zu kämmen. Zwar wurden damit die Haare bei jedem Durchgang etwas dunkler, was für einen natürlichen Effekt sorgte, aber das giftige Blei war für den Haarwuchs schädlich. Die damaligen Bleivergiftungen konnte man am dunklen Saum des Zahnfleischs erkennen, den Experten bald als „Bleisaum“ bezeichneten. Augenentzündungen und Kopfschmerzen kamen hinzu.

Heutzutage sind die bekannten Methoden in Sachen Make-up und Schönheitspflege glücklicherweise nicht mehr gesundheitsschädigend oder sogar lebensgefährlich. Und trotzdem gilt nach wie vor, was vor langer Zeit schon Kleopatra, Elisabeth I. und Katharina von Medici wussten: Wer schön sein will, muss leiden.

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