Interview August-Wilhelm Scheer „Technologie verändert sich immer schneller“

Der saarländische Software-Unternehmer stellt seine Unternehmensgruppe neu auf. Wolfgang Wahlster kommt als Berater an Bord.

 August-Wilhelm Scheer (rechts) und Wolfgang Wahlster (links) diskutierten schon 2018 gemeinsam mit dem ehemaligen Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel im Scheer-Tower in Saarbrücken über Möglichkeiten des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz. Jetzt wird Wahlster Berater innerhalb der Scheer Gruppe.

August-Wilhelm Scheer (rechts) und Wolfgang Wahlster (links) diskutierten schon 2018 gemeinsam mit dem ehemaligen Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel im Scheer-Tower in Saarbrücken über Möglichkeiten des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz. Jetzt wird Wahlster Berater innerhalb der Scheer Gruppe.

Foto: Oliver Dietze

Saarbrücken Immer mehr Unternehmen, etwa in der Autoindustrie, verändern sich in atemberaubendem Tempo. Neue Technologien halten immer schneller Einzug, größere Teile der Produktion werden automatisiert. Auf Fehler in Produktionsabläufen müssen Mitarbeiter sofort reagieren. Um auf all diese Herausforderungen möglichst optimale Antworten zu haben, stellt der Saar-Unternehmer August-Wilhelm Scheer seine Unternehmensgruppe neu auf.

Sie überraschen mit der Berufung von zwei renommierten Experten in Ihre Scheer Unternehmensgruppe: Professor Wolfgang Wahlster, zuvor über 30 Jahre Chef des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI), und Wolfram Jost, zuvor Produktvorstand der Software AG. Was bedeutet das strategisch?

SCHEER Wir stellen die Scheer Unternehmensgruppe noch einmal neu auf. Das ist notwendig, denn das Tempo der Veränderungen in der Informationstechnologie (IT) wächst rasant. Der Weg von der Forschung über die Entwicklung bis zur Anwendung neuester Technologien in Unternehmen beschleunigt sich nahezu in allen Branchen, gerade auch bei uns. Diese Neuausrichtung der Scheer Gruppe ist auch für mich ein spannender Vorgang, bei dem uns Wolfgang Wahlster und Wolfram Jost mit ihrem exzellenten Fachwissen unterstützen können. Beide passen hervorragend zu der von unserem CEO Mario Baldi und mir entwickelten  Unternehmensstrategie.

Welche Erwartungen haben Sie?

SCHEER Wolfgang Wahlster hat mit dem DFKI in Saarbrücken als einer der Ersten Projekte, Entwicklungen und Trends in diesem Bereich vorangebracht. Er hat sich weltweit ein großes Netzwerk zu Regierungen und Unternehmen erarbeitet. Gleichzeitig hat er dazu beigetragen, das Saarland als Standort von Unternehmen, Forschungseinrichtungen sowie dem Einsatz neuester Technologien bekannter zu machen. Ich erwarte von ihm sehr viel neuen Input im Bereich Künstliche Intelligenz (KI). Mehrere unserer Unternehmen bieten KI-Lösungen an, etwa zur Qualitätssteuerung, Betrugserkennung, für Softwareroboter oder zur Benutzersteuerung von IT- Anwendungen, die wir nun zu einem Gesamtkonzept verbinden wollen.

Welche Rolle soll Jost übernehmen?

SCHEER Wolfram Jost kenne ich sozusagen „von kurzen Hosen“ an. Er  hat bei mir studiert, war Assistent, hat promoviert, ist zur IDS Scheer AG gegangen und hat es bis in den Vorstand geschafft. Dann wechselte er zu Software AG und hat dort auch als Vorstand gewirkt. Er wird als Verantwortlicher für die Produktentwicklung zusammen mit CEO Mario Baldi, der den Produktvertrieb verantwortet, den Produktbereich der Scheer Gruppe leiten. Die Produkte der Einzelunternehmen, die unter der Scheer Holding gebündelt sind, sollen deutlich enger verzahnt werden. Wir können so unter der Dachmarke Scheer unsere Leistungen erheblich besser verdeutlichen. Wir können die Gruppe mit 1000 Mitarbeitern wirksamer bei Kunden positionieren. Die Leistungen reichen von der Beratung bei der digitalen Transformation über die Einführung von SAP Software bis zur Prozess-Automatisierung unter Einsatz Künstlicher Intelligenz und digitalem Training der Mitarbeiter. Durch unsere Fachkompetenz in mehreren Branchen können wir für unsere Kunden passende Lösungen zur Digitalisierung ihres Geschäftes entwickeln und umsetzen. Der Weg der Scheer Gruppe als Komplettanbieter zahlreicher Leistungen ist für uns der beste. Nur so werden wir strategischer Partner unserer Großkunden.

Was bedeuet die Berufung von Wahlster und Jost in Kombination mit der Wachstumsstrategie für Sie selbst? Ziehen Sie sich langsam von der Unternehmensspitze zurück?

SCHEER Nein. Ich bin 77, bleibe Unternehmer aus Leidenschaft und fühle mich noch fit. Natürlich muss ich in meinem Alter auch darüber nachdenken, wie es einmal nach mir weitergehen könnte, und dafür Vorsorge treffen. Jetzt freue ich mich einfach darauf, dass die neuen Spitzenmanager zusammen mit dem CEO Mario Baldi, der den Vertrieb verantwortet, und die weitere Geschäftsführung den Weg in die Zukunft gestalten. Ich freue mich auf viele Diskussionen, zumal ich ja im Dialog auch meine eigenen Ideen auf den Prüfstand stellen muss.

Ihre Strategie ist die Antwort auf neue Entwicklungen in der Informationstechnologie. Was kommt?

SCHEER Neben Technologien wie Cloud Computing, Internet der Dinge, Netzstandard 5G, Künstliche Intelligenz, Softwareroboter und Plattformarchitekturen beschäftigen uns neue Geschäftsmodelle und Organisationskonzepte. Bisher wurden Geschäftsprozesse und Abläufe meistens aus Vergangenheitsdaten analysiert. Jetzt will man in Echtzeit in Prozesse eingreifen, direkt steuern und optimieren, etwa Roboter und Anlagen im Betrieb, um fehlerfreie Qualität zu produzieren. Betriebe müssen direkt in Prozesse eingreifen, Mitarbeiter bekommen sofort Hilfsinformationen zur Fehlerbeseitigung zugespielt.

Könnte die deutsche Autoindustrie dadurch Wettbewerbsvorteile in der Produktion erreichen?

SCHEER Das geschieht vielleicht noch nicht schnell genug. Wir müssen hier gewaltig aufpassen, dass uns die großen chinesischen und US-Unternehmen nicht abhängen. Die kümmern sich massiv um den Einsatz neuester technischer Entwicklungen in Antrieb und Digitalisierung. Unser Vorteil ist noch, dass wir die hochwertige Massenproduktion beherrschen und eine gute Infrastruktur in Forschung und Entwicklung haben. Ich wäre schon froh, wenn es uns gelingt, unsere Industrien zukunftsfähig zu machen und mit China mitzuhalten.

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