Berlin/Hannover Bahn-Warnstreiks zum Wochenstart

Berlin/Hannover · Die Gewerkschaft EVG hat die Tarifverhandlungen abgebrochen und will am Montag vielerorts den Zugverkehr lahmlegen.

 Am Montag könnten EVG-Mitglieder wieder vor dem Duisburger Bahnhof eine Streikkundgebung machen. Der Schwerpunkt des Warnstreiks der Bahngewerkschaft soll Nordrhein-Westfalen sein.

Am Montag könnten EVG-Mitglieder wieder vor dem Duisburger Bahnhof eine Streikkundgebung machen. Der Schwerpunkt des Warnstreiks der Bahngewerkschaft soll Nordrhein-Westfalen sein.

Foto: dpa/Roland Weihrauch

Die neue Woche beginnt für Tausende Fahrgäste und Pendler ungemütlich: Bei der Deutschen Bahn wollen Beschäftigte mit einem bundesweiten Warnstreik am Montag die Arbeit niederlegen. Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) rief für die Zeit von 5 bis 9 Uhr zum Ausstand auf. Es drohen Ausfälle und Verspätungen.

Die Bahn erwartet, dass der Zugverkehr im ganzen Land „stark beeinträchtigt“ werden dürfte. Auch in den Stunden nach dem Warnstreik-Ende sei noch mit Störungen zu rechnen. „Die Deutsche Bahn setzt alles daran, die Auswirkungen auf ihre Kunden so gering wie möglich zu halten“, hieß es. Unter anderem sollen Fahrgast-Betreuung und Telefon-Hotlines aufgestockt werden. Für bestimmte Spartickets werde zudem die Zugbindung aufgehoben. Im Fall von Reiseabsagen wegen des Streiks sind Erstattungen von Tickets und Reservierungen geplant. „Die DB bedauert, dass die Reisenden, darunter viele Arbeitnehmer, in der Adventszeit möglicherweise mehr Zeit und Geduld aufbringen müssen, um an ihr Ziel zu kommen“, erklärte der Konzern. Ein Schwerpunkt soll nach seinen Informationen Nordrhein-Westfalen sein.

Die EVG hatte nach abgebrochenen Tarifgesprächen zu dem Warnstreik aufgerufen. Aus Gewerkschaftskreisen hieß es, die Aktionen sollten vor allem in Stellwerken und Werkstätten anlaufen. Das Unternehmen appellierte in einem Brief an die EVG-Führung, „an den Verhandlungstisch zurückzukehren“. Die Bahn lud die Vertreter der Gewerkschaft für Montagnachmittag zu neuen Gesprächen ein. „Wir sollten gemeinsam alles daran setzen, die Tarifverhandlungen im Sinne unserer Mitarbeiter, unserer Kunden und unseres Unternehmens kurzfristig einem Abschluss zuzuführen.“

Am Samstag waren die Parteien in Hannover ohne Ergebnis auseinandergegangen. Die EVG nannte ein aus ihrer Sicht zu geringes Lohnangebot des bundeseigenen Konzerns als Anlass für die Warnstreiks. Die Bahn sprach hingegen von einer „völlig überflüssigen Eskalation“. „Bei diesem Angebot den Verhandlungstisch zu verlassen, ist nicht nachvollziehbar und verunsichert völlig unnötig unsere Kunden mitten in der Weihnachtszeit“, erklärte Personalvorstand Martin Seiler.

EVG-Bundesgeschäftsführer Torsten Westphal hatte bereits tags zuvor angedeutet, dass Reisende zum Wochenstart mit erheblichen Einschränkungen rechnen müssten. „Wir kehren an den Verhandlungstisch zurück, wenn die Bahn deutlich macht, ernsthaft mit uns verhandeln zu wollen. Die jetzt angekündigten Warnstreiks werden aber nicht mehr zu verhindern sein. Unsere Mitglieder sind hochmotiviert.“ Zum Tarifangebot gehörten laut  Bahn eine Entgelt-Erhöhung von insgesamt 5,1 Prozent in zwei Stufen und eine Einmalzahlung von 500 Euro. Anstelle der zweiten Stufe sollte den Mitarbeitern erneut die Möglichkeit eröffnet werden, mehr Freizeit zu wählen. Dies sollte nach EVG-Darstellung aber erst ab Anfang 2021 möglich sein.

Von Freitag auf Samstag hatte die Bahn die ganze Nacht hindurch mit der EVG sowie separat mit der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) verhandelt. Beide Gewerkschaften hatten ursprünglich 7,5 Prozent mehr Geld gefordert. Mit der GDL vertagte sich die Bahn auf morgen in Eisenach. Hier sei man kurz vor dem Ziel, sagte Seiler. Die GDL zeigte sich mit dem Verlauf der dreitägigen Verhandlungen bisher „grundsätzlich zufrieden“. „Die erzielten Teilergebnisse rechtfertigen die Fortsetzung der Verhandlungen“, sagte ihr Chef Claus Weselsky. So habe man Fortschritte bei der Gestaltung der Schichtpläne erzielt und sich auf die Höhe der Feiertags- sowie Nachtzulagen verständigt. Der GDL sei bis zum Samstagmittag noch kein konkretes Angebot zum Entgelt vorgelegt worden, kritisierte Weselsky. Sollte die Bahn die Erwartungen enttäuschen, werde seitens der GDL „unmittelbar“ reagiert. Vor Weihnachten würden die Lokführer aber nicht streiken: „Wenn, dann rappelt die Kiste im neuen Jahr.“

Anders als die EVG kann die GDL derzeit nicht zu Streiks aufrufen, sie hat mit der Bahn eine Schlichtungsvereinbarung geschlossen. Dem „Tagesspiegel“ sagte Weselsky: „Ich glaube, die EVG will auch mal zeigen, dass sie streiken kann.“ Ihr Ausstand treffe jedoch ein Unternehmen, das angesichts des Sparkurses schon geschwächt sei. „Da muss man als Gewerkschaft auch ein bisschen Rücksicht nehmen.“

Die EVG vertritt etwa 160 000 Beschäftigte der Deutschen Bahn im Inland. Die kleinere GDL verhandelt für einen Teil davon – rund 36 000 Beschäftigte des Zugpersonals, darunter vor allem Lokführer, Zugbegleiter und Bordgastronomen. Bahn-Vorstand Seiler hatte das Ziel ausgegeben, möglichst mit beiden Gewerkschaften „für gleiche Berufsgruppen auch zu vergleichbaren Ergebnissen zu kommen“.

Fahrgast-Hotline: Tel. 08000/996633

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