Handys, Roboter und Sensoren Ein Blick in die künftige Digital-Welt

Saarbrücken · Die Welt wird komplett digital, glaubt der frühere Google-Deutschland-Chef Christian Baudis – und dass Europa am Ball bleiben müsse.

 Auch Airbus setzt auf künstliche Intelligenz. Dieser fliegende Roboter mit dem Namen Cimon soll künftig Astronauten im All bei ihren Aufgaben unterstützen.

Auch Airbus setzt auf künstliche Intelligenz. Dieser fliegende Roboter mit dem Namen Cimon soll künftig Astronauten im All bei ihren Aufgaben unterstützen.

Foto: dpa/Felix Kästle

Horror-Vorstellung oder einfach nur die Aussicht auf die uns komplett umsorgende digitale Wirklichkeit? Was Christian Baudis anlässlich der Mitgliederversammlung der ME Saar präsentierte, war zumindest geeignet, den digitalen Fortschritt zu hinterfragen. Der frühere Google-Deutschland-Chef und heutige Digital-Unternehmer zeichnete vor den saarländischen Unternehmern eine Welt, in der intelligente Maschinen unser Leben komplett bestimmen. Von Sensoren, die wir auf die Haut kleben und die uns per App unseren Gesundheitszustand melden, Anwendungen, die uns per Sensor in Strümpfen den richtigen Jogging-Stil beibringen bis hin zur bereits verfügbaren Versicherungs-App, die per Foto einen Schaden schätzt.

Datenschutz? In der künftigen Welt spielt das keine große Rolle mehr. Glaubt man dem Vortragenden, dann ist er sogar hinderlich, denn „Datenverknüpfung ermöglicht ein unglaubliches Wissen über die Konsumenten“, erzählt. Baudis. Und schwärmt davon, dass Amazon bereits heute die Daten so effizent verknüpft, dass Waren schon vor der Bestellung auf den Weg gebracht werden. „Die wissen mittlerweile im Voraus, wann ich was bestellen werde“, sagte er. Autos werden vorab gefertigt, um bei der prognostizierten Bestellung nur noch endmontiert zu werden.

Europa, so lautet seine These, ist dabei, bei diesem Megatrend den Anschluss zu verlieren. Amerika und China treiben den Markt. Amerika entwickelt, China produziert. Tatsächlich entwickelt sich China gerade zum größten E-Auto-Hersteller der Welt, während Deutschland noch über Diesel-Fahrverbote diskutiert, und die Auto-Lobby verzweifelt am Verbrenner festhält. Singapur bringt laut Baudis bereits erste autonome Bus-Shuttles auf den Weg, und Amerika testet die Selbstfahrer in zahlreichen Städten, während in Deutschland wenige begrenzte Teststrecken freigegeben sind. Mit Zögern, so lautet Baudis nachvollziehbare These, wird Europa und auch Deutschland in der digitalen Zukunft keine Rolle mehr spielen.

Vier Megatrends macht Baudis aus: Robotik, Big Data – verknüpft mit Künstlicher Intelligenz und lernenden Maschinen –, Sensorik und e-Health, der Einsatz digitaler Technik im Gesundheitswesen. Saarbrücken als Standort lobt er, denn das Saarland bekomme mit dem Helmholtz-Zentrum eine Einrichtung von Weltrang. Nun müssten im Umfeld auch ausreichend Startups entstehen, die das Land nach vorne bringen: „Sie müssen die Talente hier halten“, sagte er.

Da passt es, dass ME-Saar-Präsident Oswald Bubel in seiner Rede zumindest die geplanten Forschungsausgaben der Bundesregierung in Höhe von 9,5 Milliarden Euro lobte – und die Schwerpunkte in Sachen Digitalisierung, die die Koalition setzt. Ansonsten sparte der ME-Saar-Präsident in seiner analog gehaltenen Rede nicht an Kritik an der Berliner Politik.

 Ex-Google-Chef Christian Baudis spricht bei der Mitgliederversammlung der ME-Saar über die Digitalisierung.

Ex-Google-Chef Christian Baudis spricht bei der Mitgliederversammlung der ME-Saar über die Digitalisierung.

Foto: jwo

Als „Schönwetterprogramm“ bezeichnete der Unternehmer-Präsident den Koalitionsvertrag, der nach langem Ringen zwischen CDU, CSU und SPD zustande gekommen ist. „Es wird viel verteilt, aber leider wenig für schlechtere Zeiten vorgesorgt“, monierte Bubel. „Wird von den Koalitionären alles wie geplant umgesetzt, steht am Ende ein zweistelliges Milliardendefizit im Bundeshaushalt“, sagt Bubel. Und auch aus Sicht der Wirtschaft sieht die Einigung nicht gut aus: Rentenreformen sollen zurückgenommen und neue Leistungsansprüche geschaffen werden, die teilweise Abschaffung des Soli ist auf das Ende der Legislaturperiode verschoben, das Befristungsrecht von Arbeitsverträgen soll ohne Not verschäft werden. Beschäftigung würde dadurch verteuert, „was im Widerspruch zur anvisierten Vollbeschäftigung steht“, kritisierte Bubel.

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