Deutsche Wirtschaft „Man muss sich nicht großartig sorgen“

Berlin · Der Konjunkturforscher Gustav Horn sieht die deutsche Wirtschaft gut gewappnet gegen Krisen.

 Gustav Horn, Chef des  Wirtschaftsforschungsinstituts IMK der Hans-Böckler-Stiftung.

Gustav Horn, Chef des  Wirtschaftsforschungsinstituts IMK der Hans-Böckler-Stiftung.

Foto: HBS/Peter Himsel

Noch vor drei Wochen sah Gustav Horn, Chef des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), für Deutschland im Jahr 2019 ein moderates Wachstum von 1,7 Prozent voraus. Der Weltwährungsfonds glaubt nicht mehr daran und prognostiziert lediglich 1,3 Prozent. Horn bleibt trotzdem optimistisch.

Halten Sie angesichts der Prognose des Internationalen Währungsfonds (IWF) Ihre 1,7 Prozent noch aufrecht?

HORN Ja. Der IWF und wir haben unsere Prognosen auf der gleichen Datengrundlage formuliert. Wir kommen nur zu leicht unterschiedlichen Schlussfolgerungen. Unter der Annahme, dass der Handelskrieg nicht eskaliert und dass der Brexit einigermaßen geordnet vonstatten geht, glauben wir weiter an ein moderates Wachstum. Denn es gibt starke binnenwirtschaftliche Antriebskräfte in Deutschland, die ein Wachstum von 1,7 Prozent in diesem Jahr möglich machen.

Mindestens beim Brexit sieht es nicht so aus, als hätten Sie mit Ihrer Annahme recht.

HORN Wenn der Brexit völlig ungeordnet verläuft, wenn vielleicht sogar die Finanzmärkte in Turbulenzen geraten und wenn dann noch der Handelskrieg eskaliert, dann haben wir unbestreitbar ein ernsthaftes Problem. Dann kann sich der Aufschwung in eine Rezession verwandeln, das ist wahr. Im Moment aber liegt die Rezessionswahrscheinlichkeit bei etwa 25 Prozent.

Wie viele Prozentpunkte würde ein harter Brexit dem Wachstum in Deutschland kosten?

HORN Etwa einen halben Prozentpunkt.

Ist Deutschlands Wirtschaft noch gut genug aufgestellt, um solche Lagen zu bestehen?

HORN Wir haben in Deutschland im Moment eine sehr kräftige Binnennachfrage, die aus den Kaufkraftzuwächsen für die Beschäftigten getragen ist. Der Konsum und die Investitionen in Deutschland laufen relativ gut. Das macht uns widerstandsfähiger gegen das, was da aus dem Ausland kommt. Wenn alles halbwegs in geordneten Bahnen verläuft, kann das Beschäftigungsniveau gehalten werden, und man muss sich nicht großartig sorgen.

Kann man die Binnennachfrage noch weiter ankurbeln.

HORN In begrenztem Rahmen Ja. So kann man in der Steuerpolitik durch eine Umverteilung diejenigen Schichten stärken, die notgedrungen einen hohen Anteil an Konsumausgaben haben, statt jene zu entlasten, die sehr viel sparen. Außerdem kann eine Ausweitung der öffentlichen Investitionen helfen.

Würde auch eine Senkung der Unternehmenssteuern wie in den USA positive Effekte haben. Dort hat sie einen Investitionsboom ausgelöst.

HORN Aus allen früheren Untersuchungen wissen wir, dass solche Effekte zeitlich sehr begrenzt sind. Das sind Strohfeuer, die schnell erlöschen.

Ist dies die Zeit, um die deutsche Wirtschaft mit härteren Abgasnormen und Kohleausstieg weiter zu belasten?

HORN Es geht in den genannten Fällen um die Lösung sehr langfristiger Probleme. Man muss diese Themen angehen, und zwar unabhängig von der aktuellen Konjunkturlage. Wenn man das immer weiter hinausschiebt, erzeugt man nur Unsicherheiten, etwa für Investitionen. Das hilft dann gar nicht.

In Davos kommen führende Wirtschaftsexperten und Politiker zum Weltwirtschaftsforum zusammen, aber die USA fehlen. Erwarten Sie sich von dem Treffen positive Impulse.

HORN Ich bin da sehr skeptisch. Die Standpunkte etwa zwischen den USA und den meisten anderen Ländern sind doch sehr unversöhnlich.

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