Neubesetzungen im Kontrollgremium Odenwald soll Bahn-Aufsichtsrat führen

Berlin · Ein Jahr nach dem Amtsantritt von Konzernchef Lutz werden noch sechs weitere Posten im Kontrollgremium neu besetzt.

 Bahnchef Richard Lutz ist seit einem Jahr in Amt. Morgen will er Bilanz ziehen. Die Zahlen, die er vorzuweisen hat, sind gut. Allerdings musste Lutz auch Rückschläge etwa bei der Pünktlichkeit hinnehmen.

Bahnchef Richard Lutz ist seit einem Jahr in Amt. Morgen will er Bilanz ziehen. Die Zahlen, die er vorzuweisen hat, sind gut. Allerdings musste Lutz auch Rückschläge etwa bei der Pünktlichkeit hinnehmen.

Foto: dpa/Hendrik Schmidt

Der Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Michael Odenwald, soll neuer Aufsichtsratschef der Deutschen Bahn werden. Das wurde der Deutschen Presse-Agentur gestern aus Regierungskreisen und einer zweiten Quelle im Umfeld des Aufsichtsrats bestätigt. Zuvor hatten „Spiegel online“ und die „Stuttgarter Zeitung“ darüber berichtet.

Der 60 Jahre alte Odenwald solle im April in einer außerordentlichen Aufsichtsratssitzung gewählt werden, hieß es. Eine Wahl bereits in der Sitzung am heutigen Mittwoch sei aus formalen Gründen nicht möglich. Odenwald löst den Ende März ausscheidenden Vorsitzenden Utz-Hellmuth Felcht ab. Das CDU-Mitglied Odenwald gilt als Verkehrs- und Bahnexperte. Der Volljurist ist seit 1992 im Verkehrsministerium tätig – von 1998 an als Referatsleiter, ab 2010 als Leiter der Zentralabteilung, seit 2012 dann als beamteter Staatssekretär.

Im Kontrollgremium des bundeseigenen Konzerns werden nach dpa-Informationen auf Seite des Anteilseigners bis zu sechs weitere Aufsichtsratsposten neu besetzt. So sollen drei Staatssekretäre neu entsandt werden, je einer aus den Ministerien für Verkehr, Finanzen und Wirtschaft.

Außerdem sei geplant, drei Politiker in den Bahn-Aufsichtsrat zu entsenden, je einen aus CDU, CSU und SPD, wie zu hören war. Möglicherweise bleibe die SPD-Bundestagsabgeordnete Kirsten Lühmann in dem Gremium. Als CSU-Kandidat gelte Ex-Landwirtschaftsminister Christian Schmidt. Wenn es so käme, würden zwei der bisherigen Wirtschaftsvertreter den Aufsichtsrat verlassen.

Damit würde der Einfluss der Politiker bei der Bahn wachsen. Im Koalitionsvertrag von Union und SPD hatten die Parteien einen „Schienenpakt von Politik und Wirtschaft“ verabredet. Demnach sollen bis 2030 doppelt so viele Menschen mit der Bahn fahren und mehr Güter auf der Schiene transportiert werden. Mit Förderprogrammen sollen mehr Strecken elektrifiziert und vor allem kleinere Bahnhöfe attraktiver gemacht werden. „Für uns steht als Eigentümer der Deutschen Bahn AG nicht die Maximierung des Gewinns, sondern eine sinnvolle Maximierung des Verkehrs auf der Schiene im Vordergrund“, heißt es im Koalitionsvertrag.

Odenwald ist bereits Bahn-Aufsichtsrat. Seine Rolle muss nach den Informationen aus Regierungskreisen aber zunächst von der eines entsandten Mitglieds in die eines von der Hauptversammlung gewählten Mitglieds umgewandelt werden, bevor er zum Vorsitzenden gewählt werden kann. Bei der Hauptversammlung wird der 100-prozentige Eigentümer Bund durch Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) vertreten.

Bahnchef Richard Lutz will morgen exakt ein Jahr nach seiner Bestellung für fünf Amtsjahre mit seinen Vorstandskollegen die Bilanz für 2017 ziehen. Soweit aus dem Umfeld des Aufsichtsrats bereits durchgesickert ist, sind die Zahlen vorzeigbar. So hat die Bahn einen Rekordumsatz von 42,7 Milliarden Euro erzielt. Das sind 2,1 Milliarden mehr als 2016. Die Fahrgastzahl stieg ein weiteres Mal, um 1,5 Prozent auf 2,05 Milliarden Fahrten.

Als Mann der Kontinuität hat Lutz bei Amtsantritt darauf verzichtet, ein neues Reformprogramm auf den Weg zu bringen. Das begonnene wollte er fortsetzen, die Bemühungen um Qualität würden dann schon Früchte tragen. Auf dem Weg dorthin will der Bahnchef angreifen, das heißt die Investitionen in Züge und Infrastruktur erhöhen, auch wenn die Schulden dadurch steigen.

Anders als seine Vorgänger Hartmut Mehdorn und Rüdiger Grube sucht der 53-Jährige Lutz weniger das Licht der Öffentlichkeit. So kommt es auch, dass er nach wie vor oft nicht erkannt wird, wenn er Zug fährt, wie er selbst sagt. Im Staatskonzern Bahn ist Lutz jedoch tief verwurzelt. Seit 1994 ist der promovierte Betriebswirt im Unternehmen, seit 2010 im Vorstand.

In seinem ersten Jahr als Bahnchef hat Lutz allerdings Rückschläge hinnehmen müssen. So wurde das Pünktlichkeitsziel verfehlt. Nur 78,5 Prozent aller ICE und Intercity waren 2017 pünktlich, 0,4 Prozentpunkte weniger als im Vorjahr. Angepeilt waren 81 Prozent. Stürme und Brandanschläge waren daran schuld, aber auch hausgemachte Probleme wie Baustellen und Störungen am Schienennetz und an den Zügen. Lutz hält dennoch daran fest, die Quote in diesem Jahr auf 82 Prozent zu erhöhen.

 Michael Odenwald ist  Staatssekretär im Verkehrsministerium.

Michael Odenwald ist Staatssekretär im Verkehrsministerium.

Foto: dpa/Rui Cardoso

Zusammen mit Infrastrukturvorstand Ronald Pofalla muss der Bahnchef für das Projekt Stuttgart 21 geradestehen. Ende Januar erhöhte der Konzern die Kostenprognose. Jetzt sollen es 7,7 Milliarden Euro sein, mit einem Finanzpuffer für unvorhergesehene Ereignisse sogar 8,2 Milliarden.

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