Vergeudete Lebensmittel Weniger Essen soll in der Tonne landen

Berlin · Die Bundesregierung will die Vergeudung von Lebensmitteln mit einem großen Programm eindämmen. Kritikern ist das viel zu vage.

 Viele Lebensmittel werden einfach weggeworfen.

Viele Lebensmittel werden einfach weggeworfen.

Foto: dpa/Frank May

Das massenhafte Wegwerfen wertvoller Lebensmittel in Deutschland soll deutlich verringert werden – bei Verbrauchern und Wirtschaft, aber ohne Verbote für Supermärkte. Das Kabinett beschloss dafür gestern eine Strategie von Bundesernährungsministerin Julia Klöckner, die mehr Informationen, Forschungsförderung und eine Reihe von Maßnahmen auf freiwilliger Basis vorsieht. Die CDU-Politikerin sprach von einer „vereinten Kraftanstrengung“, um Lebensmittelabfälle im Einzelhandel und bei privaten Haushalten bis 2030 zu halbieren. „Wir alle sind gefragt“, sagte Klöckner. „In Deutschland werfen wir jedes Jahr elf Millionen Tonnen Lebensmittel weg.“ Allein in den Privathaushalten seien es 55 Kilogramm pro Kopf im Jahr. In jedem Produkt steckten jedoch Ressourcen: „Wasser, Energie, Rohstoffe, aber auch Arbeitskraft, Sorgfalt – und Herzblut.“

Die Lebensmittelkette: Verbesserungen werden in der ganzen Kette von der Ernte bis zum Teller angestrebt. Dafür sind fünf „Dialogforen“ mit Vertretern von Unternehmen, Verbänden, Ländern und Wissenschaft vorgesehen, die Maßnahmen erarbeiten sollen. Definiert werden sollen Zielmarken, die der jeweilige Bereich – auf freiwilliger Basis – umsetzen soll: Bauern, Verarbeiter, Groß- und Einzelhandel, die Außer-Haus-Verpflegung der Gastronomie sowie private Haushalte.

Die Lösungsansätze: Um Verluste zu vermeiden, sollen unter anderem Prozesse in der Wirtschaft verbessert werden. Also etwa passendere Bestellmengen, kleinere und häufigere Warenlieferungen. Vor allem junge Familien und Jugendliche sollen mit Informationen über das Internet sensibilisiert werden. Teil der Strategie ist auch eine Forschungsförderung von 14 Millionen Euro. Dabei geht es etwa um „intelligente“ Packungen, die die Verzehrbarkeit anzeigen.

 Julia Klöckner (CDU), Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft

Julia Klöckner (CDU), Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Die Probleme: Unnötige Verluste können an vielen Stellen entstehen: bei Transport und Lagerung, durch beschädigte Packungen, Störungen bei der Kühlung, zu große Portionen oder zu üppig befüllte Buffets in Restaurants. Auch Verbraucher kaufen schon mal zu viel ein, ohne an die Haltbarkeit zu denken. Und nicht alle Restaurants bieten an, Tellerreste für zu Hause einzupacken.

Die Datenbasis: Genaue Zahlen  sind schwer zu ermitteln. Dies soll nun aber versucht werden. Eine von 2012 stammende Studie für das Ministerium rechnete hoch, dass etwa ein Viertel der jährlich konsumierten Lebensmittel auf dem Müll landet: rund elf Millionen Tonnen. Davon entfallen 61 Prozent auf Privathaushalte, je 17 Prozent auf Industrie und Großverbraucher wie die Gastronomie sowie fünf Prozent auf den Handel. Auch in der Landwirtschaft gibt es Verluste.

Die Abfälle bei Verbrauchern:  Eine Studie von 2017 legte für private Haushalte eine etwas geringere Menge von 4,4 Millionen Tonnen zugrunde. Unnötig in der Tonne landen demnach relativ viel frisches Obst und Gemüse, Brot und gekochte Speisen. Und ungeöffnete Packungen, wenn das Mindesthaltbarkeitsdatum der Wegwerfgrund ist.

Die Reaktionen: Handel und Lebensmittelbranche begrüßten die Pläne grundsätzlich. Auch Umweltschützer sprachen von Schritten in die richtige Richtung, forderten aber mehr Verbindlichkeit. Linke-Verbraucherpolitikerin Amira Mohamed Ali sagte: „Wir brauchen gesetzliche Vorgaben und nicht nur neue Diskussionsrunden.“

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