Gastronomie „Pommes-Ampel“ verärgert Saar-Gastwirte

Saarbrücken · Kartoffeln im idealen Bräunungsgrad? Neue EU-Vorschrift macht Gastronomen zu schaffen.

 Pommes dürfen künftig nur noch mit einem vorgeschriebenen Bräunungsgrad serviert werden, bestimmt eine neue Vorschrift der EU.

Pommes dürfen künftig nur noch mit einem vorgeschriebenen Bräunungsgrad serviert werden, bestimmt eine neue Vorschrift der EU.

Foto: dpa/Anja Mia Neumann

Allergen-Verordnung, Arbeitszeitdokumentation, Gefährdungsbeurteilung – für Gudrun Pink hat das Maß an Bürokratie das Erträgliche überschritten. Die Präsidentin des Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga Saar beklagte gestern angesichts des Landesverbandstages, dass Hoteliers längst mehr Zeit im Büro als beim Gast verbringen. „Wir brauchen dringend einen Bürokratieabbau“, sagt sie.

Als jüngstes Beispiel für absurde Bürokratie nennt Pink eine neue Verordnung der Europäische Union, die sie als „Pommes-Ampel“ tituliert. Eine Vorschrift, nach der die Zubereitung von Pommes Frites oder Bratkartoffeln exakt dokumentiert werden muss. „Sie müssen nicht nur nachweisen, welche Kartoffelsorte Sie verwendet haben, sondern auch, wie Sie sie vor- und zubereitet haben“, sagt Pink. Nicht nur das – vor dem Servieren müsse anhand „einer Farbskala, die am Arbeitsplatz aufzuhängen ist, der Bräunungsgrad überprüft werden“, ergänzt Dehoga-Geschäftsführer Frank Hohrath. Als „vollkommen absurd“ bezeichnet Hohrath diese Verordnung. „Wenn der Gast seine Kartoffeln etwas krosser wünscht, muss der Gastronom eigentlich sagen, dass das nicht geht.“

Auch Pink hält nicht viel von den neuen Dokumentationspflichten. Die Allergen-Verordnung beispielsweise – die seit zwei Jahren vorschreibt, dass Gastronomen mit erheblichem Arbeitsaufwand die Herkunft aller Lebensmittel dokumentieren und allergie-auslösende Stoffe aufführen – gehe völlig am Leben vorbei. „Für unser Frühstücksbuffet habe ich dafür einen dicken Ordner mit Informationen angelegt – der ist aber genau einmal angefragt worden“, sagt Pink. Gäste mit Unverträglichkeiten würden diese schon bei der Anmeldung angeben – und natürlich würde es dann auch berücksichtigt.

Überbordende Bürokratie ist nur eines der Themen, die die Branche aktuell beschäftigt. Als weitere Kernthemen nennt die Dehoga-Präsidentin den Fachkräftemangel ebenso wie die Arbeitszeitregelungen. Eine Begrenzung der täglichen Arbeitszeit auf zehn Stunden sei nicht mehr zeitgemäß, sagt Pink. Es müsse mehr Flexibilisierung möglich sein, um die Arbeitszeiten der Nachfrage anzupassen. „Wir haben ja auch viele Mitarbeiter, die flexibler arbeiten wollen“, sagt Pink. Bei einer festgelegten Wochenarbeitszeit werde das dann ja auch wieder ausgeglichen, sagt Pink. Hohrath räumt ein, dass es natürlich in der Branche auch schwarze Schafe gebe, die ihre Mitarbeiter übermäßig belasten. Das sei aber kein Grund, die Branche insgesamt in Haftung zu nehmen.

Um gegen den Fachkräftemangel anzugehen, gelte es vor allem, die Jugendlichen mit der Qualität der Ausbildung und den Perspektiven im Beruf zu locken, sagte Dehoga-Deutschland-Präsident Guido Zöllick: „Letztlich ist es ja ein Beruf, der die Möglichkeit eröffnet, international zu arbeiten“, sagt er.

Drittes zentrales Thema ist für Pink die Infrastruktur im Land. Hier gebe es dringenden Nachbesserungsbedarf. Denn gerade bei ländlichen Betrieben werde es angesichts schlecht ausgebauter Straßen- und Bahn-Verbindungen nicht nur für die Gäste schwierig, Hotels oder Gastronomie zu erreichen, auch das Personal komme kaum noch mit öffentlichen Verkehrsmitteln an den Arbeitsplatz. „Die neue Seezeit-Lodge am Bostalsee hat aus diesem Grund gleich noch Wohnmöglichkeiten für das Personal gebaut“, sagt Hohrath. Bessere Infrastruktur umfasse aber nicht nur Straßen, sondern auch Internet-Abdeckung, sagt Michael Buchna vom Landhotel zur Saarschleife. „Unsere Besucher können zwar tolle Bilder vom Baumwipfelpfad aus machen, aber sie haben kein Internet-Signal, um sie zu verschicken“, sagt er.

 Die bisherige und neue Dehoga-Präsidentin Gudrun Pink.

Die bisherige und neue Dehoga-Präsidentin Gudrun Pink.

Foto: Oliver Dietze

Anlässlich des Verbandstags gab es auch Veränderungen in der Dehoga-Führung. Während Gudrun Pink, Senior-Chefin im Saarbrücker Hotel Madeleine, als Präsidentin für weitere drei Jahre im Amt bestätigt wurde, hat Vize-Präsident Gerd Leidinger vom Domizil Leidinger nicht mehr kandidiert. Neuer Vizepräsident ist nun der bisherige Schatzmeister Michael Buchna vom Landhotel zur Saarschleife. Seinen Posten übernimmt Michael Schley, der das Gasthaus zur Wilden Ente führt.

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