Streit bei Neuer Halberg Guss Schlichter äußert sich erstaunt über Vorgehen der NHG

Saarbrücken · IG Metall will nach der einseitigen Aufkündigung des Schlichtungsverfahrens nun mit Nadelstich-Aktionen antworten.

 Seit Monaten kämpft die IG Metall für eine Zukunft der Gießerei mit Standorten in Leipzig und Saarbrücken.

Seit Monaten kämpft die IG Metall für eine Zukunft der Gießerei mit Standorten in Leipzig und Saarbrücken.

Foto: dpa/Hendrik Schmidt

Angesichts der einseitigen Aufkündigung des Schlichtungsverfahrens durch die Neue Halberg Guss (NHG) in der Auseinandersetzung mit der IG Metall hat der Schlichter Lothar Jordan sein Erstaunen geäußert. Nach Auskunft der IG Metall hat der ehemalige Arbeitsrichter Jordan beide Parteien darauf hingewiesen, dass es dem allgemeinen Verständnis einer Schlichtung entspreche, dass nur der Schlichter diese für gescheitert erklären könne.

Vor allem äußerte sich Jordan demnach überrascht über den Zeitpunkt der Erklärung von Seiten der Geschäftsführung. Am Mittwochnachmittag hatte die NHG-Geschäftsführung mitgeteilt, dass sie entschieden habe, sich aus dem Schlichtungsverfahren zurückzuziehen. Als Grund für den Rückzug gab das Unternehmen auch an, dass es wenig Hoffnung auf den von der IG Metall angestrebten Verkauf der Gießerei an einen Investor gebe. Jordan dagegen führt an, dass er „den Prozess der Suche nach einem Investor im ständigen Austausch“ sowohl mit den Schlichtungsparteien als auch Vertretern der Gesellschafter und möglicher Investoren sehr eng begleitet hat. Noch am Dienstagabend – also am Abend vor der einseitigen Aufkündigung durch NHG – habe er dem jetzigen Gesellschafter der NHG mitgeteilt, dass ein verbessertes Angebot eines potenziellen Investors zeitnah unterbreitet würde. Die NHG-Geschäftsführung dagegen teilte am Mittwoch mit, ein erster, von der IG Metall und der saarländischen Regierung favorisierter potenzieller Käufer sei nicht in der Lage gewesen, „von den Automobilherstellern dauerhaft verbindliche Zusagen über Liefermengen und -preise zu erhalten, die eine Fortführung des Unternehmens unter Erhalt beider Standorte ermöglicht hätten“. Und auch die mit anderen Interessenten geführten Gespräche hätten keine ausreichende Perspektive geboten.

Jordan weist abschließend darauf hin, dass auch bei weit auseinander liegenden Positionen sowie beim Scheitern eines Verkaufs die Schlichtung eine Chance haben müsse, einen erfolgreichen Abschluss zu finden.

Ein NHG-Sprecher sagte gestern, wenn sich eine Partei aus der Schlichtung zurückziehe, sei diese aus Sicht des Unternehmens gescheitert. Einer Chance auf eine konstruktive Lösung werde das NHG-Management sich aber weiterhin nicht verschließen.

Angesichts der neuen Situation berät die IG-Metall im Konflikt mit der Neuen Halberg Guss nun die nächsten Schritte. Jörg Köhlinger, Bezirksleiter der IG Metall Mitte, sieht im Verkauf des Unternehmens weiterhin die einzige Möglichkeit eines Neuanfangs für das belastete Vertrauen zwischen Management, Kunden und Belegschaft. Auch Patrick Selzer, Zweiter Bevollmächtigter der IG Metall in Saarbrücken und Verhandlungsführer im Streit bei der NHG, kann sich „aufgrund der eklatant angespannten Situation mit den Kunden“ eine „nachhaltige Zukunft“ mit dem NHG-Eigner Prevent nicht mehr vorstellen.

Schon seit der Übernahme der Gießerei mit Standorten in Saarbrücken und Leipzig fährt der NHG-Eigner Prevent einen Konfrontationskurs, vor allem mit dem Hauptkunden Volkswagen. Preise wurden massiv erhöht, Lieferungen ausgesetzt. Die Mitarbeiter wiederum hat das Management informiert, dass das Werk in Leipzig mit 700 Mitarbeitern zum Jahresende geschlossen werde, in Saarbrücken seien 300 der insgesamt 1500 Stellen akut bedroht. Die IG Metall reagierte mit der Forderung nach einem Zukunftskonzept sowie einem Sozialtarifvertrag, der die Mitarbeiter für den Fall einer Schließung absichert.

Auch jetzt sieht Selzer bei der NHG eine Fortsetzung des Konfrontationskurses. Kunden hätten Schreiben bekommen, in denen ihnen erhebliche Preiserhöhungen angekündigt worden seien. Das Unternehmen setze offensichtlich weiter darauf, möglichst viel Geld aus der Gießerei herauszuholen. Gleichzeitig deute die „abstruse einseitige Beendung der Schlichtung“ darauf hin, dass es der Geschäftsführung darum gehe, „einen Streik zu provozieren, um Personalkosten zu sparen“.

Die IG Metall setzt allerdings statt auf einen Ausstand aller Mitarbeiter auf, wie Selzer sagt, „kleine, aber spürbare Aktionen“. Angesichts der Tatsache, dass die Kunden wegen der erhöhten Preise keine Waren mehr abriefen und somit die Einkünfte ausblieben, gelte es nun, die Personalkosten für das Unternehmen und damit den finanziellen Druck weiter hoch zu halten.

Die CDU-Landtagsfraktion wiederum forderte die Verantwortlichen auf, für „die Zukunft des Unternehmens, der Beschäftigten und des Industriestandortes Saarland eine gute Lösung zu suchen“. Die zuvor von Linken-Fraktionschef Oskar Lafontaine erneut ins Spiel gebrachte Forderung nach einer Verstaatlichung des Unternehmens bezeichnet der industriepolitische Sprecher der CDU, Marc Speicher, dagegen als Nebelkerze. Es sei der „untaugliche und unredliche Versuch, eine scheinbar einfache Lösung zu präsentieren“. Das Land sei als Vermittler, nicht als Eigentümer gefragt.

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