Arbeitskammer-Bericht „Zu viele Verlierer am Saar-Arbeitsmarkt“

Saarbrücken · Arbeitskammer fordert Land und Unternehmen auf, deutlich mehr auf Qualifizierung zu setzen.

 Jörg Caspar, Vorstandschef der Arbeitskammer.

Jörg Caspar, Vorstandschef der Arbeitskammer.

Foto: Arbeitskammer des Saarlandes/Pasquale d‘Angiolillo/AK

Langzeitarbeitslose, die schon mehr als ein  Jahr vergeblich einen Job suchen, Gering Qualifizierte, Alleinerziehende Mütter, ältere Menschen und Schwerbehinderte gehören nach Beobachtungen der Arbeitskammer immer noch zu den Verlierern am saarländischen Arbeitsmarkt. In ihrem Jahresbericht 2018  an die Landesregierung fordert die  Kammer Politik und Saar-Unternehmen auf, diesen Menschen mehr Chancen auf Weiterbildung und  Qualifizierung zu eröffnen. Die Saar-Wirtschaft beklage permanent einen Fachkräftemangel, während zahlreiche Menschen zur Verfügung stünden, wenn man sie mit Hilfe eines Coachings und anderen Weiterbildungsmöglichkeiten fit macht für den Arbeitsmarkt, beklagte gestern Arbeitskammer-Vorstandschef Jörg Caspar. „Es gibt noch zu viele Verlierer am Saar-Arbeitsmarkt“, sagte er.

Selbst Langzeitarbeitslose seien auch in der Zeit der Digitalisierung in den Produktionsbetrieben eine Idealbesetzung, wenn man ihre Fähigkeiten nutzt und sie für Tätigkeiten fit macht. Besonders dramatisch sei mit 23 Prozent die Arbeitslosenquote Geringqualifizierter ohne Berufsabschluss. Hier müssten das Land und die Bundesagentur für Arbeit (BA) mit mehr Qualifizierungsangeboten nachsteuern, damit diese Personengruppe nicht auf Dauer am Arbeitsmarkt ausfällt.

Um mehr Frauen eine geregelte und sozialversicherungspflichtige Tätigkeit zu verschaffen, fordert die Arbeitskammer in jedem Landkreis eine zentrale Beratungsstelle. Dies ermögliche auch schnelle Kontakte zu wohnortnahen Unternehmen, da sich viele Frauen zugleich um ihre Familien kümmern müssen. Die Beratungsstelle sei zudem wichtig als Ansprechpartner für alleinerziehende Mütter, berichtet Dagmar Ertl, Referentin der Kammer. Alleinerziehende, von denen an der Saar rund zwei Drittel nicht über eine abgeschlossene Berufsausbildung verfügten und 54 Prozent abhängig von Hartz IV sind, könne man mit individuellen Angeboten fit machen. Dazu gehöre ein gezieltes Job-Coaching inklusive der Ermittlung besonderer Talente, die Hilfe bei Bewerbungen und die Vorbereitung auf Vorstellungsgespräche. Das Land müsse zudem die Möglichkeiten der Kinderbetreuung ausbauen.

Dringenden Handlungsbedarf sieht Caspar darin, jungen Menschen mehr attraktive, gut bezahlte Arbeitsplätze anzubieten. Das Land müsse den Sparkurs an der Universität beenden und sie stattdessen als eine Investition behandeln, die hervorragend ausgebildete Fachkräfte hervorbringt. Eine gut bezahlte Ausbildung mit Übernahmegarantie sowie weitere Karriereperspektiven inklusive guter Arbeitsbedingungen und einer attraktiven Entlohnung sollten gegeben sein. „Es sind vor allem junge Menschen im Alter von 15 bis 34 Jahren, die meist zur Aufnahme einer Ausbildung oder eines Studiums beziehungsweise zum Berufseinstieg das Saarland verlassen. Seit 2005 hat das Saarland durchschnittlich jährlich 2100 Personen  durch Abwanderung an andere Bundesländer verloren, 2016  sogar über 3600“, heißt es im Jahresbericht.

Die Saar-Politiker in Berlin fordert die Arbeitskammer auf, sich für eine Änderung der Hartz IV Reformen einzusetzen. Es sei nicht gelungen, Menschen im großen Stil wieder in Arbeit zu vermitteln, insbesondere solche, die länger arbeitslos sind. Hartz IV sei von Sanktionen gegen die Betroffenen geprägt, vorrangig müsse jedoch deren Förderung unter Berücksichtigung ihrer  Talente sein. Deshalb brauche man  mehr Finanzmittel für die Qualifizierung und für eine öffentlich geförderte Beschäftigung.

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