Fastnacht Von Trumps Mauer bis zum Ludwigspark

Saarbrücken · Die Nassauer, die Rußhütter Eulen und die „Daarler Dabbese“ nehmen das Saarbrücker Publikum mit auf Welt- und auf Zeitreise.

 Da weht ein Hauch der 80er Jahre durch die Scharnhorsthalle: Die „Revo-Boys“ entführen mit ihrem rasanten Auftritt das närrische Publikum der „Daarler Dabbese“ in St. Arnual in die mitunter schrille Zeit des Disco-Fiebers.

Da weht ein Hauch der 80er Jahre durch die Scharnhorsthalle: Die „Revo-Boys“ entführen mit ihrem rasanten Auftritt das närrische Publikum der „Daarler Dabbese“ in St. Arnual in die mitunter schrille Zeit des Disco-Fiebers.

Foto: BeckerBredel

Gleich zu Beginn ihrer Galasitzung am Freitag auf Bischmisheims Höhen setzen die Karnevalisten der Groß-Saarbrücker Karnevalsgesellschaft „Die Nassauer“ ein romantisches Glanzlicht. Als Schneewittchen droht da die Präsidentin Rita Baer die Session zu verschlafen. Gut nur, dass der Nassauer-Hofstaat um Herlekin, Gänsegretel und Hofmarschall das mitbekommen – und das Schneewittchen vor dem ersten Narrhallamarsch wecken. Schade nur, dass die Präsidentin als Moderatorin noch ein bisschen verschlafen und unsortiert wirkt, als sie ihre prominenten Gäste begrüßt.

Der Stimmung tut dies keinen Abbruch. Dafür sorgt schon Andreas Franz als Hofnarr. Er hat die „goldene Zukunftskugel“ mitgebracht, die er Oberbürgermeisterin Charlotte Britz überreicht, die während seiner Rede darüber wachen soll. Ob sie in einem unbemerkten Moment hinein ge-
linst hat, um zu erfahren, wieviel das Ludwigspark-Stadion tatsächlich kosten wird? Der Hofnarr holt in seiner Rede erst einmal weit aus, blickt über den großen Teich, wo die Trump’sche Mauer entstehen soll. Der weise Rat des Narren: „Chinesen sind die größten Mauer-Bauer, ansonsten sind Mauern nicht von Dauer.“ Und bauernschlau weiß er, dass die Zukunft nicht vorgeschrieben ist: „Die Zukunft liegt in unsrer Hand“, reimt er in seinem Refrain.

Eigene Redner schicken die Nassauer seit Jahren in die Bütt. Tanja Fuhrmeister und Petra Gorek witzeln nicht nur solo als „Gangsterbraut“ und „Harlekin“, sondern auch im Duo als „Trampel unn Tussi“. Auch der Nachwuchs ist gut mit dabei: Selina Gorek und Laure de Bernardo glänzen als „Pubertiere“. Dem Dschungel und Las Vegas widmet sich die Schautanzgruppe Enjoy. Und erstmals stellen die Nassauer ein Männerballett.

Und weil es am Freitag so viel Spaß gemacht hat, sind einige der Nassauer Akteure auch bei den Rußhütter Eulen zu finden. „Ich muss mal eben Pubertiere füttern“, winkt Petra Gorek hinter den Kulissen im Vorbeigehen. Eulen-Präsident Peter Theisen freut sich, dass immer wieder Vereinsmitglieder sich in die Bütt wagen: „In diesem Jahr zum Beispiel Markus Gauder, der Premiere feiert.“ An der Seite von Roland Hermstdörfer gelingt sie im Duo „Vadder unn Sohn.“ Sitzungsleiter Helmut Irig blödelt ebenso in der Bütt. Den Rest füllen sie mit Akteuren von auswärts auf. „Das Leben mit Freundin“ beschreibt Felix Schäck zum Amüsement des Publikums. Als „Olga und Otto“ geben Hannelore Huwig und Dieter Hornberger das schräge Pärchen, das den zotigen Witz nicht scheut.

„50 Jahre Rußhütter Faasenacht hat die Eule bisher gemacht“ feiern die Rußhütter Karnevalisten gleich mit in der ausverkauften Halle. Und das Salz in der Suppe sind dabei nach wie vor die Eulensänger. Vor allem, wenn sie besingen, was sie an der großen und kleinen Politik so nervt. Dann dichten sie auf das Capri-Lied zum Dieselproblem, zur Oberbürgermeister-Wahl, zum Ludwigspark-Stadion und zur Verkehrsberuhigung. Und weil das Programmheft in Rußhütte Liederheft heißt, finden sich darin alle Texte zum Mitsingen. Vor allem, wenn die Eulensänger alte Gassenhauer auskramen: „Amanda, Amanda, Amanda nemm die Hand do weg.“ Oder einfach feststellen: „Ohne Eule wär nix off da Rußhütt los.“

Und dann sind da ja noch die ganzen Tanzgruppen, die das ganze Jahr über liebevoll ihre Tänze einstudiert haben, um sie jetzt in bunten Kostümen vor Publikum zu zeigen. Bei den Eulen tragen sie ausgefallene Namen: Mini-Eulen, Kaulquappen, Quadruple, Fischbachkrotten, Schiereschreischwänscha und Schleiereulen.

Zu ungewöhnlicher Zeit starteten die „Daarler Dabbese“ in St. Arnual ihre Sitzung – um 18.11 Uhr, zwei Stunden eher als gewohnt. Daran muss sich das Publikum noch gewöhnen, weswegen es mit leichter Verspätung losgeht. Aber gleich mit Vollgas. Die Junioren präsentieren nicht nur ihren Tanz „1001 Nacht“, sondern auch Kostüme aus der Daarler Nähstube. Dort hat Marlene Kurtz das Sagen, die eine Woche zuvor mit dem Narrenschild der Saarbrücker Narrenrunden ausgezeichnet wurde, wie Sitzungsleiter Oliver Derschang stolz verkündet. Das ganze Jahr über hat die verdiente Karnevalistin dort allerhand zu tun, denn die St. Arnauler Karnevalisten legen großen Wert auf ihren Gardebereich. Alle Alterklassen bieten sie mit starker Mannschaft auf.

Die Büttenreden kommen von außerhalb. Diesmal haben sich die Dabbese Harald und Tobias Moser eingeladen. Einst haben die als „Babbe unn Bub“ ihre Späße getrieben. Da der Bub längst erwachsen ist, sind beide jetzt als „Tanzpaar 2.0“ unterwegs. Willi Thielen gibt den Weingott Bachus. Fetzige Blasmusik gehört in Daarla auch zur Sitzungsfastnacht – am Samstag von der Brassband Ludweiler geliefert. Außerdem lieben sie in Daarle noch einen Schuss Revue. Etwa von den Revo-Boys, die rasant in die Zeit des 80er Jahre Disco-Fiebers entführen. Und von den Starlight Divas, die das Travestie-Genre bedienen. Der Abschluss ist dann wieder hausgemacht. Die Daarler Hausband rockt dazu gerne und ausgelassen – und reißt damit den Saal mit.

Und somit steht es fest: Die Welt der Faasebooze steht bereits vor den tollen Tagen auf dem Kopf, zumal noch Erst-Kappensitzungen der „M‘r sin nit so“ in der Saarlandhalle und von den „Quasslern“ in Klarenthal stattfanden (Bericht folgt). Bei anderen Karnevalsvereinen stieg die zweite Kappensitzung. So auch in Altenkessel, wo Prinz Hendrik I. vom roten Berg Groß und Claudia I. vom Pflugscheid Schäfer bei den Kesselflickern regieren. Sie haben Matthias I. und Katharina I. abgelöst. Das war zuletzt unter vielen Namen des Sitzungswochenendes in der SZ durcheinander geraten.

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