Zollmuseum in Habkirchen Der Schlagbaum der Geschichte

Habkirchen · Seit 25 Jahren gibt es das Zollmuseum in Habkirchen. Es erzählt viele Geschichten – auch von Karl Marx, Erich Honecker und der RAF.

 Der Leiter des Zollmuseums in Habkirchen, Franz-Josef Fries (links), und Museumsgründer Manfred Nagel (rechts).

Der Leiter des Zollmuseums in Habkirchen, Franz-Josef Fries (links), und Museumsgründer Manfred Nagel (rechts).

Foto: Udo Lorenz

  Vorbei die Zeit, als grün uniformierte Zöllner an den saarländisch-lothringisch-luxemburgischen Grenzübergängen standen und fragten: „Haben Sie etwas zu verzollen – Alkohol, Zigaretten, andere Waren?“ Damals kosteten Tabakerzeugnisse und Champagner in Frankreich oft nur die Hälfte, Benzin ist bis heute in Luxemburg deutlich billiger. Ein Vierteljahrhundert ist es nun schon her, dass mit Inkrafttreten des Schengener Abkommens die Grenzkontrollen in der Europäischen Union (EU) weggefallen sind.

Der rot-weiße Schlagbaum, der einst Passanten zum Anhalten an der Grenze aufforderte, steht im Zollmuseum Habkirchen – einem Ortsteil von Mandelbachtal – nur noch als ein Stück Geschichte in der Ecke. Dort, wo sich jahrzehntelang ein Zollamt und zuletzt bis Ende 1992 eine Grenzaufsichtsstelle befand, wurde im Juli 1993 das bis heute einzige deutsch-französische Zollmuseum eingerichtet, das nun sein 25-jähriges Bestehen feiert. Knapp 40 000 Menschen haben es seither besucht, darunter auch vier US-Amerikaner, ein Neuseeländer und eine Zöllnerin aus Estland.

Zum Jubiläum, das ohne große Feier begangen wird, haben der einstige Museumsgründer, der 85-jährige pensionierte Zollbeamte Manfred Nagel, und sein Kollege, der jetzige Museumsleiter und gleichfalls pensionierte Zöllner Franz-Josef Fries (67), den Schlagbaum an dem alten Zollhaus noch einmal aus der Versenkung geholt.

„Der Wegfall der Grenzkontrollen und die spätere Einführung des Euro sind auf jeden Fall ein großer Fortschritt“, betonen sie übereinstimmend als überzeugte Europäer. Sie deuten auf die kleine Freundschafsbrücke, die wenige Meter weiter ins französisch-lothringische Frauenberg führt: „Dort können wir jetzt ohne Kontrollen und ohne Geldumtausch in Franc wie früher unser Baguette kaufen.“ Dann zeigen Nagel und Fries das älteste im Zollmuseum aufbewahrte Dokument, eine Zolltarif-Anweisung des Kurfürsten und Bischofs von Trier aus dem Jahr 1711. Darin sind die Abgaben vermerkt, die damals an der Grenze für Wein („umgerechnet für 20 Fässer so viel, wie damals ein Vorarbeiter am Tag verdiente“)  oder Vieh („ein Albus oder neun Pfennig pro Ochse“) und Getreide zu entrichten waren. Ertappten Schmugglern drohten damals zehnmal so hohe Geldstrafen.

Das vermutlich kostbarste Museumsstück ist ein gusseisernes zentnerschweres Original-Grenzschild mit Wappen des Königreiches Bayern aus der Zeit um 1816, als auch Habkirchen und andere Teile des Saarpfalz-Gebietes mal bayerisch waren. In einer anderen Glasvitrine ist die Kopie des französischen Reisepasses von Karl Marx zu sehen, der am 7. April 1848 als „Charles Marx“ über die Zollstelle Habkirchen nach Deutschland einreiste. Die uniformierten Zöllner leben als mannsgroße Puppen mit all ihren Utensilien, wie sie bis 1992 mit Stempeln und Aktenordnern voll Vorschriften verwendet wurden, in dem Museum weiter. Auch Grenzgeschichten aus der NS- und der DDR-Zeit  sind mit Exponaten dokumentiert. „Das sind zwar dunkle Kapitel unserer Geschichte, aber wir können sie nicht verleugnen“, sagen Nagel und Fries. So kann im Präsentationsraum des Museums auch die Veterinär-Einfuhrgenehmigung des indischen Löwen eingesehen werden, den der aus Wiebelskirchen stammende DDR-Staatschef Erich Honecker 1987 beim Besuch seiner Heimatstadt dem Zoo Neunkirchen als Gastgeschenk mitgebracht hatte.
Vor ein paar Jahren um einen kleinen Ausstellungsraum erweitert, schlägt das Zollmuseum in Habkirchen thematisch auch einen Bogen zur Arbeit der Zollverwaltung heute. In Spitzenzeiten zählte das Hauptzollamt Saarbrücken mal 1200 Beschäftigte. Heute sind es in einem mittlerweile etwa viermal so großen Gebiet samt Teilen von Rheinland-Pfalz nur noch knapp 550 Beschäftigte. Zu den Schwerpunkttätigkeiten der Zöllner heute zählen neben Binnenkontrollen auf Drogenkriminalität, Schwarzgeld und Produktfälschungen auch Kontrollen auf Schwarzarbeit an Baustellen, erzählt Museumsleiter Fries.

 Eine Puppe, gekleidet wie einst ein Zöllner, gehört zu den zahlreichen Sehenswürdigkeiten im Museum.

Eine Puppe, gekleidet wie einst ein Zöllner, gehört zu den zahlreichen Sehenswürdigkeiten im Museum.

Das Haus, das er mit seiner Familie bewohnt, steht in der gleichen Straße wie das Museum in Habkirchen. 45 Jahre hat Fries als Zöllner gearbeitet. „Todesangst“, so sagt er, hat er nur einmal gehabt, als er nämlich Mitte der 1970er Jahre mit Kollegen den RAF-Terroristen Christian Klar aufspüren sollte, der damals angeblich über die saarländisch-lothringische Grenze gekommen war. Die mit fünf Kilo Bleiplatten gefüllte schusssichere Weste, die Fries damals trug, kann in dem Museum bei Führungen sogar anprobiert werden.

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