Serie Grenzüberschreitendes Engagement Bergbau und Frankreich als treibende Kräfte

Großrosseln · Der Eurodistrict SaarMoselle hat den Preis für grenzüberschreitende Zusammenarbeit verliehen. Wir stellen die Träger des Preises vor. Heute: Ludwig Speicher aus Großrosseln.

  Ludwig Speicher bei einer Theaterprobe zu „Les enfants du charbon“.

Ludwig Speicher bei einer Theaterprobe zu „Les enfants du charbon“.

Foto: Iris Maurer

Die enge Verbindung zum Bergbau ist bei Ludwig Speicher so etwas wie Familientradition, er selbst hat in siebter Generation im Bergbau gearbeitet, sein Sohn in achter. Als er irgendwann auf die Idee kam, nach seinen Ahnen zu forschen, fand er heraus, dass vor langer Zeit Franzosen darunter waren. Genau das scheinen die beiden treibenden Kräfte in Speichers Leben zu sein: der Bergbau und Frankreich.

Wenn der 62-Jährige vom Leben als Bergmann erzählt, wird er nostalgisch. In seiner Stimme kann man fast so etwas wie Wehmut vernehmen. Ludwig Speicher war Elektrosteiger, zuerst in der Grube Luisenthal, dann in der Grube Warndt. Er war gern Bergmann, 2005 musste er dann schließlich in Ruhestand gehen. „Mir fehlt vor allem das Gemeinschaftsgefühl, unter Tage war man aufeinander angewiesen“, erzählt Speicher. Die Hitze, die weiten Wege und die körperliche Schwerstarbeit ließen enge Freundschaften entstehen. Beim Bergbau kam er auch zum ersten Mal mit Franzosen in engeren Kontakt, denn die Mannschaften waren stets gemischt. Welche Nationalität jemand hatte, spielte  keine Rolle, unter Tage waren alle gleich. 1980 zog Ludwig Speicher mit seiner Familie nach Großrosseln. Ab dann gab es durch die direkte Grenznähe ständige Berührungspunkte mit der französischen Kultur, die Speicher sehr schätzt: Er liebt die Sprache und das Essen. Und ihm gefällt, dass alles etwas zwangloser läuft als in Deutschland.

Heute ist Speicher im Ortsrat von Großrosseln tätig und vertritt den Ortsvorsteher. Auch hier pflegt er den Kontakt zu Frankreich: Mit der benachbarten französischen Gemeinde Kleinrosseln veranstaltet man ein gemeinsames Dorffest und gemeinsame Seniorennachmittage. Speicher betont immer wieder, wie viele Freundschaften durch diese enge Zusammenarbeit entstanden sind. „Es macht einfach Spaß.“

Doch Ludwig Speicher ist nicht der Einzige in seiner Familie, der Frankreich und den grenzüberschreitenden Kontakt liebt. Seine Frau gibt an französischen Schulen ehrenamtlich Deutschunterricht. Durch eine befreundete Lehrerin ist sie mit einer deutsch-französischen Künstlergruppe in Kontakt gekommen, in der die Familie seitdem Mitglied ist. Dort hilft Ludwig Speicher bei der Organisation von Veranstaltungen, wie etwa einer jährlich stattfindenden Kunstausstellung in Forbach, und trägt die technische Verantwortung.

Nachdem er sich 2004 zum ersten Mal das Schauspiel des französischen Vereins „Kinder der Kohle“ (französisch „Les Enfants du Charbon“) angesehen hatte, wurde Speicher 2006 Mitglied. Er wurde schließlich zum Verantwortlichen für grenzüberschreitende Zusammenarbeit gewählt. Diese Tätigkeit liegt ihm besonders am Herzen. Als ehemaligem Bergmann ist es ihm wichtig, die Geschichte des Bergbaus auch für die folgenden Generationen aufrechtzuerhalten.

„Das soll alles nicht in Vergessenheit geraten“, sagt Speicher. Obwohl Speicher die französische Sprache bereits in der Schule erlernte, hat er erst durch seine vielen französischen Kontakte und Freundschaften ein gutes Sprachgefühl entwickelt. Und das ist ihm wichtig, auch die Jugend sollte die Sprache des Nachbarn lernen. Denn nur so kann man sich auch mit den Nachbarn verständigen und somit deren Kultur verstehen, vielleicht sogar Kriege verhindern. „Unseren Großeltern hat man damals einfach irgendeinen Quatsch erzählt, und die haben das geglaubt, weil sie die Sprache nicht kannten und nicht nachfragen konnten. So etwas darf nicht mehr passieren.“

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