Autozulieferer Kahlschlag bei Eberspächer

Neunkirchen · Der Autozulieferer plant in Neunkirchen den Abbau von mehr als 450 Arbeitsplätzen.

 In Neunkirchen will Eberspächer künftig nur noch hochkomplexe Auspuffanlagen herstellen, die die höchste Abgasnormen erfüllen.

In Neunkirchen will Eberspächer künftig nur noch hochkomplexe Auspuffanlagen herstellen, die die höchste Abgasnormen erfüllen.

Foto: Eberspächer

Schlechte Nachrichten für die Belegschaft von Eberspächer in Neunkirchen. „Jeder zweite Arbeitsplatz im Werk steht auf dem Prüfstand“ – mit dem Ziel, es wieder „in die Gewinnzone zu führen“, verkündete Geschäftsführer Thomas Waldhier gestern Nachmittag auf einer Betriebsversammlung. Dies sei das bittere Ergebnis einer Analyse des US-Beratungsunternehmens Alix Partners, erläuterte Waldhier, der bei dem in Esslingen beheimateten Autozulieferer die Hauptsparte Abgastechnik verantwortet. Betroffen ist von den Einschnitten ausschließlich die 930 Mitarbeiter zählende Stammbelegschaft des Produktionswerks. 465 Arbeitsplätze sind also in Gefahr. Wie viele Frauen und Männer tatsächlich ihren Arbeitsplatz verlieren, steht noch nicht fest. Auch nicht die Details eines Sozialplans, zum Beispiel Abfindungsregelungen. Darüber will die Unternehmensführung in den kommenden Wochen mit dem Betriebsrat und möglicherweise mit der Gewerkschaft IG Metall verhandeln. Der Stellenabbau soll möglichst sozialverträglich ablaufen. Aber „wir können nicht ausschließen, dass es zu betriebsbedingten Kündigungen kommt“, sagte Waldhier.

Mit den drastischen Einschnitten beim Personal will das Unternehmen die Kosten senken. Unrentable Fertigungslinien, auf denen relativ viel Handarbeit nötig ist, sollen in Niedriglohn-Standorte, zum Beispiel nach Rumänien, verlagert werden. Waldhier sieht für das Neunkircher Werk die Zukunft „in der Konzentration auf motornahe Abgasanlagen für die höchsten Emissionsnormen“, also in der hochautomatisierten Fertigung komplexer Bauteile.

Von dem Stellenabbau sollen die übrigen in Neunkirchen ansässigen Firmenbereiche, der Prototypenbau und die für das Gesamtunternehmen tätigen Sparten wie Materialforschung, Vertrieb oder IT-Steuerung der Werke unberührt bleiben. Dort arbeiten insgesamt 370 Menschen. Nicht betroffen sind laut Waldhier auch etwa 60 Lehrlinge, die 50 bis 60 Leiharbeiter und die rund 100 Beschäftigten, die aus unterschiedlichen Gründen, wie zum Beispiel Krankheit, Elternzeit oder Mutterschutz, zurzeit nicht im Unternehmen tätig sind. Von den insgesamt rund 1500 Beschäftigten am Standort droht damit rund 30 Prozent der Gesamtbelegschaft der Verlust des Arbeitsplatzes. Bis Jahresende gilt allerdings noch eine Beschäftigungsgarantie. Der Stellenabbau soll nach Auffassung Waldhiers im kommenden Jahr beginnen. Er hofft, „2021 mit dieser Neuaufstellung das Werk aus den Verlusten herauszuführen und positive Zahlen zu schreiben“.

Die Ankündigung des Managements kommt für die Beschäftigten  nicht überraschend. Vor einigen Wochen hatte die IG Metall mit einer Plakatkampagne die seit lange schwelende Sorge um den Standort öffentlich gemacht und dabei die bange Frage gestellt: „Radikaler Kahlschlag bei Eberspächer?“ Das Werk schreibt weiterhin rote Zahlen, obwohl es gerade ein Sanierungsprogramm hinter sich hat. Rund 400 Stellen waren seit 2013 weggefallen. Auch hatte Eberspächer seit 2013 rund 100 Millionen Euro in die Modernisierung gesteckt. Trotzdem gelang es nur, „die Verluste einzudämmen“. Aus mehreren Gründen, so Waldhier: starke Lohnsteigerungen, ein gewachsener Preisdruck der Autohersteller, eine höhere Zahl an Varianten der Auspuffanlagen und eine damit begrenzte Automatisierbarkeit sowie das Drängen der Kunden auf Nähe zu ihren Autowerken, weshalb Eberspächer zum Beispiel in Portugal und Rumänien Fertigung aufgebaut hat. Außerdem litt das Neunkircher Werk unter nachlassenden Verkäufen von Diesel-Autos.

 Thomas Waldhier, Geschäftsführer bei Eberspächer

Thomas Waldhier, Geschäftsführer bei Eberspächer

Foto: Eberspächer

Jörg Caspar, 1. Bevollmächtigter der IG Metall Neunkirchen, kritisierte die Pläne des Managements. Stellenabbau „greift zu kurz“, sagte er. Das Werk braucht „zusätzliches Geschäft“ zum Beispiel aus dem Lkw-Sektor. Andernfalls erlebe der Standort „ein Sterben auf Raten“. Caspar fordert das Management auf, mit der IG Metall und dem Betriebsrat einen Tarifvertrag zur Standort­sicherung aushandeln.

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