Gewalt gegen Verkehrskontrolleurin Prozess wegen Auto-Attacke nach Knöllchen

Saarbrücken · Verkehrskontrolleurin monatelang krankgeschrieben. Gericht verurteilt 68-Jährigen zu einem Jahr Haft.

 Die Mitarbeiter der städtischen Verkehrskontrolle haben es oft mit aggressiven Falschparkern zu tun. Ein Zwischenfall in der Alt-Saarbrücker Talstraße beschäftigte sogar das Amtsgericht. Womöglich müssen sich noch weitere Instanzen mit dem Geschehen und seiner juristischen Bewertung befassen.

Die Mitarbeiter der städtischen Verkehrskontrolle haben es oft mit aggressiven Falschparkern zu tun. Ein Zwischenfall in der Alt-Saarbrücker Talstraße beschäftigte sogar das Amtsgericht. Womöglich müssen sich noch weitere Instanzen mit dem Geschehen und seiner juristischen Bewertung befassen.

Foto: Iris Maurer

Ein Jahr Haft auf Bewährung, Führerschein ein Jahr weg, Auto weg und 100 Stunden gemeinnützige Arbeit: Mit diesem Urteil zieht das Amtsgericht Saarbrücken einen 68-Jährigen für eine Bedrohung, einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr, eine gefährliche Körperverletzung und eine Fahrerflucht zur Rechenschaft.

So fasst die Richterin das Geschehen zusammen; ein Geschehen, das der Angeklagte an den entscheidenden Stellen bestreitet. Es ist der 9. Juli 2017, kurz nach 8 Uhr. Der Angeklagte kehrt zu seinem in der Talstraße falsch auf dem Gehweg geparkten Auto zurück. Eine Mitarbeiterin des Ordnungsamtes hat gerade wegen des verbotswidrigen Parkens ein Verwarngeld erteilt. Der Mann bittet sie, das Knöllchen zurückzunehmen. Dann droht er der Frau: „Ihr Gesicht merk’ ich mir. Wenn ich Sie das nächste Mal sehe, schlage ich Ihnen den Schädel ein.“ Gleich danach steigt der Mann ein, lässt den Motor an und steuert die neben dem Fahrzeug stehende Kontrolleurin an. Sie kann sich gerade noch auf der Motorhaube abstützen, aber die Karosserie trifft sie an beiden Knien. Der Verursacher begeht Fahrerflucht. Die Frau erleidet Prellungen, aber ihre Wunden reichen viel tiefer. Erst am 26. November kann sie wieder den Dienst antreten.

Für das Gericht steht fest, dass der Angeklagte die Arbeitsunfähigkeit seines Opfers zumindest billigend in Kauf nahm. Der Mann auf der Anklagebank leugnet die Tat. Es habe zwar eine Diskussion zwischen ihm und der Zeugin gegeben. Aber bedroht habe er sie nicht. Und beim Wegfahren habe er sie auch nicht mit seinem Auto berührt, da sie rund drei Meter entfernt auf dem Bürgersteig gestanden habe. Da hätten sogar noch ein Kinderwagen und ein Rollstuhl durchgepasst.

Geglaubt hat die Richterin das nicht. Seine Version sei „als bloße Schutzbehauptung zu werten, da das Gericht keinen Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugin hatte“. Deren Aussage sei in sich stimmig. Und ein Motiv der Frau, den ihr bis zum Tattag unbekannten Angeklagten zu Unrecht zu belasten, sah das Gericht nicht. Es hielt dem Mann zwar zugute, dass er bis dato keine Vorstrafen hatte. Andererseits falle die „besondere Rücksichtslosigkeit und Gefährlichkeit“ seines Vorgehens ins Gewicht“. Für die Richterin ist es bloßer Zufall, dass die Zeugin nicht noch schlimmer verletzt wurde. Zudem habe der Angeklagte sein Fehlverhalten nicht eingesehen, sondern argumentiert, es sei noch genug Platz auf dem Gehweg gewesen. Und er habe die Zeugin angegangen, als die rechtmäßig ihren Dienst versah.

Vor dem Gefängnis bewahrt den Angeklagten, dass dieses Urteil die erste gegen ihn verhängte Strafe ist. Nicht zuletzt geht das Gericht davon aus, dass der Mann künftig nicht mehr gegen Strafgesetze verstößt.

Den Führerscheinentzug begründet die Richterin mit den Umständen der abzuurteilenden Taten: Daraus ergebe sich, dass der Angeklagte, „zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist“. Nach Ansicht des Gerichts wird die Führerscheinsperre dem Angeklagten ebenso gerecht wie dem Vorfall. Demnach ist die Sperre von zwölf Monaten ausreichend, aber auch erforderlich, um bei dem Angeklagten das zutage getretene Verhaltensdefizit zu beseitigen. Das Fahrzeug des Mannes wird eingezogen. Er muss damit rechnen, dass der Staat es versteigern lässt.

Oberbürgermeisterin Charlotte Britz nannte es „richtig und ein wichtiges Signal nach außen“, dass Gewalt gegen Mitarbeiter der Stadt mit aller Konsequenz geahndet werde. Die Außendienst-Mitarbeiter des Ordnungsamtes leisten Britz zufolge Wichtiges für die Menschen in der Stadt. Für diese Arbeit verdienten sie Respekt. Aber: „In den zurückliegenden Jahren beobachten wir leider zunehmend Respektlosigkeit und ein Absenken der Aggressionsschwelle. Das ist nicht zu akzeptieren. Dagegen muss sich ein Rechtsstaat wehren. Ich begrüße dieses Urteil.“ Das ist allerdings noch nicht rechtskräftig.

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