Gesundheit Operation Hüftoperation per Bildschirm live übertragen

Püttlingen · Besucher erleben spannenden Blick hinter die Kulissen des Endoprothetikzentrums im Knappschaftsklinikum Püttlingen.

„Und zack ist die Prothese drin!“ Sagt Chefarzt Dr. Thomas Siebel, Leiter des Endoprothetikzentrums im Püttlinger Knappschaftskrankenhaus. Gerade operiert Siebel eine 73-jährige Patientin. Eine Frau, die seit Monaten von starken Hüftschmerzen gequält wird, die nachts kaum noch schläft, tagsüber schlecht gehen kann. Weder Medikamente noch Krankengymnastik, Massagen oder Heilbäder helfen. Meist ist, zumal bei älteren Patienten, eine Arthrose, also ein altersbedingter Verschleiß, die Ursache. Zeit für eine Hüft-Operation!

Rund 400 000 Menschen in Deutschland, Tendenz steigend, nehmen das Angebot jährlich an. „Hier in Püttlingen setzen wir im Jahr über 750 Prothesen ein“, sagt Dr. Karsten Kurz, leitender Oberarzt der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie im Püttlinger Krankenhaus, der rund 250 Teilnehmern des Infotages „Mobilität erhalten mit hochwertigen Knie- und Hüftendprothesen“ die Videoübertragung in Echtzeit moderiert und erklärt. Ganz so einfach, wie vom Operateur Siebel eingangs angedeutet, ist die Sache nicht. Man spürt, man sieht, man hört: Hier wird mit großer Kompetenz, zielgerichtet, routiniert gearbeitet.

Minimalinvasiv heißt die Devise. Mit anderen Worten: Durch den von Medizinern so genannten ventrolateralen Zugang zur kranken Hüftpfanne und dem dazu gehörigen Hüftkopf werden weder Muskeln noch Sehnen durchtrennt, auch der Blutverlust hält sich, wie man am Bildschirm sieht, in Grenzen.

Die Operation wird vorher im Detail geplant. „Am PC, gemeinsam mit dem Patienten und einer entsprechenden Software. Digitale Röntgenaufnahmen helfen dabei, das für jeden Patienten passende Implantat auszuwählen“, erläutert Dr. Kurz.

Dann beginnt die Operation! Das Chirurgenteam samt Anästhesistin arbeitet unter keimfreien Bedingungen. „Über uns befindet sich eine Luftdusche, sozusagen ein Wasserfall von sauberer Luft“, erklärt der Operateur selbst. Die Patientin in Vollnarkose liegt ganz ruhig. Der Chirurg öffnet mit einem Elektromesser die Faszie, das Bindegewebe der Haut. Es ist ein aus Sicht von Laien  überraschend kleiner Schnitt. Rasch wird die Wunde verätzt, das hemmt den Blutfluss. Seine Co-Operateure spreizen den Zugang mit so genannten Hohmann-Hebeln auf.

Gearbeitet wird dann, ebenso vorsichtig wie zielstrebig, mit Pfannenfräsen, diversen Markraumraspeln in aufsteigender Größe, oszillierender Säge und Hammer. Die Zusammenarbeit wirkt routiniert, die Abläufe automatisiert. Krankes Gewebe wird entfernt, der Zugang zum Hüftschacht freigelegt und leicht vergrößert. Immer noch fließt wenig Blut! Jeder, der sich mal aus Versehen geschnitten hat, hätte hier mehr erwartet. Wie auch immer: Erscheint dem Chirurgen der Zugang schön frei, wird dort auch schon die Probeprothese eingepasst. „Sitzt und passt!“ möchte man eine alte Handwerkerweisheit zitieren, das Ärzteteam hat offensichtlich präzise Arbeit geleistet.

Sicherheitshalber wird geröngt. Der erste gute Eindruck bestätigt sich durch das Röntgenbild. Damit kann dann auch die eigentliche Prothese eingesetzt werden. Sie besteht aus einem hochwertigen Keramikinlet mit einem so genannten Hydroxyl-Apatit-beschichtetem Titanschaft und Keramikkopf. Auf Zement oder Schrauben verzichtet das Püttlinger Endoprothetikteam ganz: Durch das „knochenfreundliche“ Material der künstlichen Prothese werde das Wachstum des sie umgebenden Gewebes angeregt, so dass, nach einem etwa zehntägigen stationärem Aufenthalt mit anschließender Reha-Tagesklinik, begleitet durch den Sozialdienst des Krankenhauses, die Patientin schon nach wenigen Wochen darauf hoffen kann, sich wieder schmerzfrei zu bewegen. Gedauert hat die ganze Live-Operation (keiner der Zuschauer wurde übrigens grün im Gesicht) knapp 40 Minuten. Beifall! Keine zehn Minuten später stellt sich Chefarzt Siebel, ganz entspannt, den Fragen des Publikums.

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